Heft 
(1913) 21
Seite
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Alexia Schwer®,

Eine Spandauer Erinnerung an 1S70.

Von Alexis Schwere.

Nachdem kürzlich die Hundertste Wiederkehr des Geburtstages Franz Liszts überall gefeiert wurde und dabei auch vielfach seiner mehr oder minder berühmt gewordenen Schüler gedacht worden ist, so soll im Nachstehenden das wechselvolle Schicksal eines derselben erzählt werden, dessen Namen wohl der Vergessenheit anheim gefallen ist.

Herrmann Cohen wurde 1821 zu Hamburg als Sohn eines jüdischen Bankiers geboren und zeigte schon sehr früh große Liebe und Begabung für Musik. Bereits im 12. Lebensjahr trat er als Klavier­künstler öffentlich auf und erregte Aufsehen. Seine Mutter reiste mit ihm nach Paris, wo. er bald der Liebling der besten Gesellschaftskreise wurde. Kein geringerer als Franz Liszt, der damals in Paris weilte, nahin den Knaben in seine Obhut, und unter seiner Leitung nahm die weitere musikalische und künstlerische Ausbildung raschen Fort­gang. Es folgten dann bald kleinere und größere Kunstreisen, die Herrmann Cohen durch Frankreich, England und Deutschland führten und ihn bald auf den Gipfel des Ruhmes brachten. Große Summen flössen ihm zu, und er wurde der Liebling der Salons, insbesondere aber der Frauen. Leider ergab er sich, unterstützt durch reiche Geld­mittel, einem zügellosen ausschweifenden Lebenswandel. Nachdem er nun dieses Leben durchgekostet, ereignete sich im Alter von 29 Jahren folgendes in seine bisherige Lebensweise tief eingreifendes Ereignis. Cohen hatte für den ihm eng befreundeten Fürsten v. d. Moskwa-Ney, welcher als geschätzter Dilettant in einer kleinen Kirche von Paris einen Kirchenchor leitete, in Behinderung desselben die Vertretung übernommen und hatte nun Gelegenheit, dein Gottesdienst in einer katholischen Kirche öfter beizuwohnen. Wie er nun selbst mitteilt, wurde er von den religiösen Gebräuchen und Zeremonien so ergriffen, daß er nach einer Zeit innerer Seeleukäinpfe seiner Künsterlaufbahn entsagte, durch Empfang der Taufe zur katholischen Kirche übertrat und durch den damaligen Kardinal von Paris gelirmt wurde.

Einige Zeit später trat er in den strengen Mönchsorden der unbeschuhten Karmeliter im Kloster zu Anges (Süd-Frankreich) ein und betrieb eifrig theologische Studien, worauf er zwei Jahre später zum Priester geweiht wurde und den Namen Pater Augustinus Maria vom Allerheiligsten Sakrament erhielt.

Nun begann für Pater Augustinus ein eifriges tiefreligiöses Leben, mit gi'oßem Eiter unternahm er im Aufträge seines Ordens viele Reisen,