Heft 
(1913) 21
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Eine Schilderung Berlins aus dem Jahre IH.'IO,

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regsamer, tüchtiger und geschmackvoller Leiter: Deinhardstein war kraft seiner literarischen Versiertheit, seines beweglichen Temperamentes und seiner persönlichen Verbindungen unbedingt der richtige Mann dazu, um dem etwas schwerfälligen Organe Leben und Bedeutung zu geben, anderer­seits bot er durch seine Stellung als Zensor und durch seine Schmieg­samkeit nach oben volle Gewähr dafür, daß die Jahrbücher auch ferner im Dienste der politischen Idee seiner Gründer stehen würden. Es glückte Deinhardstein, Männer wie Goethe, die Gebrüder Humboldt, A. \V. Schlegel, Iminermann, Grimm, Kückert, Hebbel u. a. für die Jahr­bücher zu interessieren, am 10. August 1830 trat er eine längere Werbe­reise durch Deutschland an, deren Schilderung er in denSkizzen in | lebendiger, anschaulicher Weise niedergelegt hat. Er hatte einen offenen \ Blick für alles, was sich ihm darbot; mit vielen bedeutenden Männern Ütrat er in persönliche Beziehung und Berührung; so sind seine Schilde­rungen von Berlin (S. 4572) ausgezeichnet durch eine Summe von '^Einzelheiten über Menschen, Theater, Lokalitäten und bauen so diese Stadt in all ihrer Art um 1830 deutlich und anschaulich auf. Möge nun Deinhardstein das Wort haben.

(Auch diesmal bin ich für eine Anzahl Anmerkungen dem Leiter des märkischen Museums, Herrn Professor Dr. Otto Pniower, zu großem Danke verpflichtet, den ich ihm auch hiermit ausspreche!)

| Nach der Abreise von Dresden ') erscheint die Gegend, so lange man im Sächsichen fährt, wunderlieblich, wie man aber einige Zeit im Preußischen ist, treten Berge und Wald zurück, und sie wird eintönig. Das dauert aber auch nur einige Zeit. Der Wald rückt bald wieder näher, und es sieht recht inunter und lebendig zu beiden Seiten aus. Die vielen Windmühlen beleben denn auch die Gegend. Wo Häuser findj da lindet man fast durchgehends Weinreben an denselben gepflanzt, und so prahlen Länder wie Menschen am liebsten mit dem, was ihnen fehlt. Potsdam überrascht durch die vielen schönen Gebäude, durch die stattliche, nach Art der Dresdner gebaute Brücke aus Gußeisen -) und die niedlichen Blumenverzierungen der dabei gelegenen Landhäuser, ^reiche sich bis fast nach Berlin erstrecken. Die Gegend vor und um Berlin ist nicht mannigfaltig und blühend, aber auch keineswegs so öde, als man sich dieselbe gern vorstellt. Auch imponiert die Stadt durch ihre Großartigkeit dergestalt, daß man auf alles um sie her vergißt. Uli stieg unter den Linden im Hotel de Rome ab. l )

1 >er erste Tag ') meines Aufenthaltes in Berlin war für mich kein angenehmer. Schon am Morgen fühlte ich mich bedeutend unwohl, und konnte nur mit großer Überwindung das Zimmer verlassen, mußte aber nach einigen Visiten wieder nach Hause, wo mich eine zunehmende, durch Erkältung herbeigeführte Übelkeit ins Bett trieb. Du kannst Dir denken, daß meine Lage eine peinliche war. In dem Gasthofe einer

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