Heft 
(1913) 21
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Paul Alfred Merbach.

der schön bemalte Plafond geben dem Ganzen ein sehr elegantes An­sehen. Der Soutleur-Kasten erscheint in der Form einer Muschel. Der Bühnenraum ist groß und breit.

Den Abend sollte ich im Liederkreise M ) zubringe», mußte aber bei meiner noch nicht hergestellten Gesundheit, da der Abend kühl war, und der Ort, an welchem jener Kreis gehalten wird, fern von meinem Wohn­orte lag, diesem Vergnügen entsagen.

Am andern Morgen führte mich der Herr Hoftheater-Sekretar, Hofrath Esperstädt, dessen Bekanntschaft icli zu den angenehmsten meiner Reise zähle, in das seit 3. August dem Publikum eröffnet«, dem könig­lichen Pallaste gegenüber befindliche, Museum. *) Es ist des Königs und der Königsstadt würdig im vollsten Sinne. Breite Stufen führen, durch einen imposanten Säulengang, in eine hochgewölbte Rotunde, den ersten der Antikensäle, wo die Ueberresto klassischen Alterthums, je eine um eine zwischen großartigen Säulen stehen. An diesen Saal stößt ein langer, vielleicht nur zu zahlreich von Statuen besetzter Saal. Das vorzüglichste Stück darin dürfte wohl der berühmte anbetende Knabe aus Bronze 3S ), auf einem Postamente von orientalischem Porphyr seyn; eben so durch die köstliche Behandlung, als der Seltenheit wegen aus­gezeichnet, weil bekanntlich nur sehr wenige Bronze-Statuen des Alter- thnms wohl erhalten auf uns gekommen sind. Bei allen Statuen, welche beschädigt waren, sind die Beschädigungen auf das genauste ergänzt. Ob man sich darüber freuen soll oder nicht, ist eine andere Krage. Es war ohne Zweifel keine der geringsten Handlungen Michael Angeln Buonarottis, daß er eine ähnliche ihm ziigemuthete Ergänzung ver­warf. In einem dritten Saale steht gegenwätig nur die herrliche Vase, welche Kaiser Alexander Alexandern von Humboldt schenkte.' 0 ) Sie ist aus Aventurin, im herrlichsten antiken Styl gearbeitet, mit zwei goldenen Griffen verziert. Im ersten Saal hatte ich das Vergnügen, den Kustos der Antiken, Herrn Friedrich Täek, ") einen der größten jetzt lebenden Bildhauer, kennen zu lernen.

Die Sammlung verdankt Entstehung und Fortgang: 45 ) erstens den verschiedenen Ankäufen, welche König Friedrich II., durch den chur­fürstlich-sächsischen Geheimrath und Gesandten Bianchoni in Rom machen ließ; zweitens, dem Ankauf der sehr zahlreichen und berühmten Sammlung des Kardinals und Fürsten von Golignac; drittens der Sammlung, welche Ihre königl. Hoheit die Frau Markgräfin von Baireuth auf einer Reise durch Italien erwarb, und welche durch Erbschaft an den König überging; viertens, einigen einzelnen Ankäufen, unter welchen der gedachte anbetende Knabe, der in den Tiber gefunden wurde, und den Papst Clemens XI. dem Prinzen Eugen von Savoyen geschenkt hatte. Aus dessen Nachlaß ging die Bildsäule in den Besitz des Fürsten von Lic htenstein über, von welchem König Friedrich II. sie für eine