76
Paul Alfred Merbach.
(ließ führt zum Uebel. Tn Darstellungen bedeutender Art kann es mit der Hofbüliue nicht rivalisiren, da ihm die Mittel dazu nicht zu Gebote stehen, und demnach seinen Zweck nur erreichen, wenn es solche Darstellungen gibt, welche dort nicht gegeben werden, wenn es Lokal-1 heater bleibt: gegenwärtig aber wird, wie ich erfuhr und bemerkte, gerade dieser Hauptzweck bei Seite gesetzt. Ls haben sich im Ganzen eine Darstellungsweise und ein Dialog eingebürgert, die in so fern fast ideal zu nennen sind, da sie keinem Lande und keiner Nation augehören, nud gerade hier, wo man nur Wiederholung des \orhandenen aufsucht, um so widerlicher auffallen. Man hört hier eine Menge National-Dialekte, besonders den Wiener, aber keinen ausgesprochenen. Das Königstädter- Theater muß werden, wie in früheren Zeiten das Leopoldstüdter Theater in Wien -’ 1 ) war, sonst wird es nie zu einem eigentlichen Leben kommen, — Volkstheater. Bei den wirksamen Kräften, die es besitzt, besonders im Komischen, von welchen ich vor allen den trefl’licheu Spitzeder, *) daun Schmelka ,3 ) nennen muß, ist ihm leicht zu helfen. Unter den Darstellern fand ich hier sehr viele Wiener, mir von den dortigen Theatern bekannt, und von den in früherer Zeit mir als Anfänger vorgekommenen, besonders Dem. Franchetti, ‘) im Gesänge und Vortrage erfreulich vorgeschritten. Der Ton der Zuschauer ist übrigens im Königstädter Theater ein ganz anderer, als im lloftheater; man ist dort viel lauter und regsamer. Wiederholungen werden überlaut begehrt und das Hervorrufen ist an der Reihe.
Den andern Tag zeigte mir Herr llofrath Esperstädt an, im königl. Scbauspielbause befindlichen, großen Konzert-Saal, der von so imposanter Wirkung ist, daß Wellington ') nach dem Anblicke desselben geäussert haben soll, er habe nie einen Saal von solch bedeutender Vollkommenheit gesehen. Alles erscheint hier in grandiosen Verhältnissen, mit reichen Verzierungen versehen, und doch ohne Ueberladung. Die Büsten großer verstorbener Meister der schaffenden und der darstellenden Kunst zieren, in Nischen gestellt, den Hauptsaal und die Nebengemächer: erstere nehmen die Büsten großer Tonmeister ein. Beethoven, vortrefflich getroffen, schaut, über dem Orchester stehend, dem Eintretenden entgegen; an ihn reihen sich zur Rechten und Linken, die ihm kunst- verwandten Geister.
In einem Nebensaale ist eine große Statue, lffland ") in sitzender Stellung, aus Marmor, von Friedrich Tiek meisterhaft gearbeitet. Mit dem Hauptsaale stehen noch viele, sehr elegant verzierte Nebenräume in Verbindung. In diesem Lokale werden jährlich mehrere Konzerte und mehrere Bälle auf Subscription gegeben, welche selbst die königl. Familie mit ihrer Gegenwart, als Zuschauer, beehrt.
Darnach bestiegen wir das Dach des Schauspielhauses, von dessen Zinne man Berlin am besten panoramatisch übersieht. Der Anblick der