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Kleine Mitteilungen.
des .Mayen-Betzens gegen den 1 teil May und gegen Pfingsten“, und in Erfurt holte man am Walpurgistage Maien in festlichem Zuge (Walperzug aus dem Walde. Auch das schiine Lied „Morgen müssen wir verreisen* erinnert uns an die alte Sitte des Maiensetzens. Zahlreiche Sagen und abergläubische Bräuche knüpfen sich an # den Baum. Durch eine junge, gespaltene Birke ließ man, wie Perger mitteilt, Kranke hindurchkriechen, um sie gesund zu machen oder warf einen toten Sperling als Opfer hindurch. Auch banden Gichtkranke Knoten in die Zweige einer Birke, um die Krankheit zu bannen. Der Flachs gedieh besser wenn man Birkenzweige hineinlegte Der Legende nach ließ eine Birke am Grabe Christi ihre Zweige trnuernd niederhllngen; von Ihr stammen die Trauerbirken ab. Unsere Großeltern liebten Möbel aus Birkenholz, und in herrschaftlichen Gärten erhob sich wohl ein --genanntes „Borkenhäuschen“, das außen mit Birkenrinde überzogen war. Die guten Alten kannten und schätzten auch die pädagogischen Kräfte des Birkenreisigs, aber die heutige Welt ist so „rücksichtsvoll'* geworden, daß sie die Krziehung nur noch „von vorn“ betreibt, denn die Krziehung ist eine Kunst geworden, d. h. sie gelingt nicht so leicht, und dann meist noch unvollkommen. Die Birke ist bei uns vorwiegend ein Kinzel- oder Heihenbaum. Kleine Wäldchen gibt es am Brieselang bei Korsthaus Bredow und bei Bernöwe, Östlich von Oranienburg. Auch die Höhen von Chtam bei Sadowa schmückt ein Birkenwäldchen.
„Die langen Kerle“, die Potsdamer Riesengarde, waren der einzige, aber sehr kostspielige Luxus, welchen König Friedrich Wilhelm I. sich gönnte Den Anstoß zu dieser Liebhaberei gab ihm das Vorbild des Markgrafen Philipp von Schwedt, welcher aus großen Leuten Grenadierkompagnien bildete und dieselben an der Spitze des Regiments marschieren ließ. Der Ursprung der Grenadiere war der, daß in jeder Kompngnic sechs bis acht Mann zum Werfen von Handgranaten nusgebildet waren, und die spitzen Grenadiermützen hatten den Zweck, daß die Leute vor dem Wurf ihre Gewehre rasch über den Kopf auf die Schulter werfen konnten. Die Grenadiere sollten also ursprünglich gewandte, bewegliche Leute sein. Der König ahmte diesem Vorbild nach und befahl in dem Reglement: „Die Grenadiers sollen aus dem dritten Gliede ausgesucht werden und müssen lauter Kerls sein, welche gut marschieren können, nicht Über fünfunddreißig Jahre alt sein, voll nussehen, nämlich nicht kurze Nasen, magere oder schmale Gesichter haben * Daraus entwickelte sich denn allmählich die Leidenschaft für die Potsdamer Riesen- garde, welche der König schließlich auf 3000 Mann brachte. Für die Potsdamer war die Sache etwas lästig, denn jedes Privathaus mußte eine Stube resp. Kammer nach vorn heraus für einen Grenadier hergeben. Der König selbst gab im Schloß sechs Mann Quartier. Zuin letzten Male trat die Riesengarde bei dem Begräbnis des Königs an, dann löste Friedrich der Große sie auf. B. L. A. vom 23. April 1912
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