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Kleine Mitteilungen.
Hannover und Hessen. Ich kann aus langjähriger Erfahrung bezeuge», daß das Wort aus Fontane: „Grabsteine lesen nimmt das Gedächtnis*, diese» Schrecken in der Tat nicht in sich birgt.
Beginnen wir wiederum mit dem Nächstliegenden, unserer Mark.
Auf dem zweitjüngsten der Neuköllner Friedhöfe lesen wir auf dem Denkmal eines 15jährigen Mägdleins:
Zu unsrer Freude blühtest du,
Der holden Lilie gleich; —
Da gingst du ein zur sel'gen Huh ins ew’ge Himmelreich.
Als ich mit meinem Wanderverein zum erstenmal den Truppenübungsplatz Döberitz besuchte, fanden wir auf dem stillen Friedhof des verlassenen Dörfleins die rührende Inschrift auf einem Grabe:
Fried’ umfängt Dich, Kuh und Kühle nach des Erdenlebens Schwüle.
Zu Mechtshausen bei Seesen am Harz, wo an der Braunschweiger Grenze Wilhelm Busch seinen heiteren Zeichenstift für immer niedergelegt hat, fand ich unter andern diese beiden schönen Grabsprüche:
Wer Christi Kreuz hier fromm getragen,
Den hebt es sanft zum Himmel auf
und
Selig sind die Himmelserben, so auch Kinder fromm und gut, die im zarten Alter sterben, ruhen sanft in Gottes Hut.
An der Friedhofsmauer des reizenden hessischen Städtchens Uersfeld mit der wunderbaren Stiftskirchenruine steht mit der Jahreszahl 1666 der entsagungsvolle Spruc>’ •
Pulvis et umbra sumus,
Pulvis nihil est nisi fumus Sed nihil est fumus;
Nos nihil ergo sumus.
(Staub und Schatten sind wir,
Staub ist nichts als Hauch,
Aber Kauch ist nichts;
Also sind wir nichts.)
Ebendort steht mit dem Datum 1592, 26. Mai zu lesen:
Vos, qui transitis, meliores nostri quoque sitis; quod sumus, hoc eritis fuimus quando, quod estis.
(Eine ernste Mahnung: Ihr, die ihr hier vorübergeht, seid nicht besser als wir; was wir sind, werdet ihr sein; wir waren, was ihr jetzt seid.)