Klein*' Mitteilungen.
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Bürgermeister Tschech. Am 14. Dezember 1912 brachte der Spandauer .Anzeiger für das Havelland* in seinem Geschichtskalender die Mitteilung, daß an demselben Tage vor 68 Jahren (1844) der Bürgermeister von Storkow i. Mark, Tschech, zu Spandau öffentlich hingerichtet worden sei, nachdem er wegen des gegen den König Friedrich Wilhelm IV. verübten Attentates zum Tode verurteilt worden war. Hieran knüpfen sich einige Krinnerungen, die mir im Gedächtnis geblieben sind, indem ich von meinen F.ltern als auch von underen Personen, die zu der Zeit lebten und von
denen auch einige der Hinrichtung, die damals auf dem früheren Galgenberg
(heut Hochgerichtsstraße) im Stadtteil Klosterfelde stattfand, beigewohnt hatten, davon habe erzählen hören, und die ich hier mitteilen möchte.
Als der Delinquent das Schaffot betreten hatte, wurde ihm eine Allerhöchste Kabinettsorder mitgeteilt, wonach Sr. Majestät ihn begnadigen wolle, wenn er öffentlich erkläre, daß es ihm leid tue und er Reue darüber fühle, das Attentat begangen zu haben. — Tschech antwortete frech: „Nein, meine Herren, es tut mir leid, daß ich ihn nicht getroffen habe!“
Sofort ergriffen ihn die Gehilfen des Scharfrichters unter Trommelwirbel der Truppen, um ihn an den Hinrichtungsblock festzuschnallen.
Jedenfalls hatte man dabei ein Versehen begangen, so daß man die Riemen, mit denen er festgeschnallt war, nochmals lösen mußte. Sowie nun der Dcliquent Luft spürte, rief er: „Ich bitte, meine Herren, machen Sie nicht so lange!“ Nachdem er nun gehörig gefesselt war, fiel sein Haupt unter dem Beil des Scharfrichters. —
Ich möchte hierbei noch erwähnen, daß seit dem Jahre 1841 alle in Berlin und Potsdam zum Tode verurteilten Verbrecher in Spandau hingerichtet wurden. Zum Schluß möchte ich noch ein damals im Umlauf gewesenes Spottgedicht erwähnen, das also lautete:
„Kein Mensch war wohl je so frech,
Als der Bürgermeister Tschech!
Denn er schoß in voller Wut Unserm König durch den Hut,
Und der guten Landesmutter Schoß er durch das Mantelfutter.“
Alexius Schwers.
Eine märkische Zauberbibel. In das Reich des krassesten Aberglaubens führte eine Verhandlung, die am 2. November 1912 die 5. Strafkammer des Landgerichts II beschäftigte. Angeklagt wegen Beleidigung war die Hauseigentümerin Frau Adelheid G. aus Bohnsdorf. Als Klager trat der Schlächtermeister Schn. auf. In dem Dörfchen Bohnsdorf bei Grünau wurden vor einiger Zeit zahlreiche Viehdiebstähle verübt, die trotz eifrigster Nachforschungen nicht aufzuklären waren. Als alles erfolglos war, befragte die Angeklagte ihre „Zauberbibel", die sich in ihrer Familie von Generation zu Generation vererbt hatte und von ihr wie ein Heiligtum verehrt wurde. Diese Bibel, die die Angeklagte zu der Verhandlung als Beweisstück mit-