Heft 
(1913) 21
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3. (2. außerordentliche) Versammlung des XXI. Vereinsjahres.

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für eine von Friedrich dein Großen verliehene goldene erhalten, die inan wie die Ehepaare die goldenen Trauringe auf den Altar des Vaterlandes gelegt hatte. So haben die Schützen allezeit dein Könige und dem Vaterlande die Treue gehalten; darum begrüßen sie die Brandenburgs, eine Pflanzstätte dieser Treue, mit besonderer Wärme. Längere Zeit beanspruchte die Besichtigung des reichen Silberschatzes der Gilde, die z. B. 25 silberne Becher und Humpen von ansehnlicher Größe besitzt. Alle diese schönen Gaben und Kleinodien (der Goldschmuck der Königs­kette allein wird auf 6000 M geschätzt) wurden von den Vertretern der Innung vorgezeigt und erläutert.

Demnächst hielt Dr. Netto eiuen längeren Vortrag über das berühmte Potsdamer TurnierfestZauber der weißen Rose, veranstal­tet am 13. Juli 1829 zu Ehren der Kaiserin Charlotte von Rußland, ältesten Tochter Friedrich Wilhelms III. Es beweist, daß die Zeit Friedrich Wilhelms III. durchaus nicht so nüchtern war, wie man gewöhnlich meint. Der König besuchte fast täglich das Theater, gründete das Museum in Berlin und hatte auch für die bildende Kunst das feinste Verständnis. Männer wie Schinkel, Schadow und Rauch erfreuten sich seiner Gunst, und unter seinem persönlichen Einfluß wurde die Luise im Charlottenburger Mausoleum zu einer Vollendung geführt, die das Grabmal zum erhabensten Kunstwerk dieser Art macht, und als letzte künstlerische Tat aus der Zeit Friedrich Wihelms III. kennzeichnet das Denkmal Friedrichs des Großen eine lichtvolle Vergangenheit, die überreich au künstlerischem Streben, innerlichem Leben und poetischem Schwünge war. Denn in der Dichtkunst blühte die Romantik; auch die schwäbischen Dichter, besonders Uhland, schlugen heimatliche Klänge an, die ans Herz griffen, und die oft mißverstandene Biedermeierzeit ist auf denselben Ton gesimmt; ihr Wesen ist die Romantik des kleinbürgerlichen Lebens in Wohnung, Tracht und Lebens­führung. So war derZauber der weißen Rose stilrein auf die rechte Zeit eingestellt; aber das Verständnis dafür ist auch heute, wo roman­tische Stimmungen und Strebungen aufs neue sich regen, vorhanden.

Die mittelalterlichen Turniere, die Ludwig der Fromme zuerst in Frankreich einführte und Wilhelm der Eroberer 1066 nach England verpflanzte, geben die Richtschnur für den Aufbau des Stückes. Aber man bewegte sich in zierlicheren Formen als in der Zeit der echten Ritter, die auf ihren schweren Rossen gegeneinander ritten und aus dem Spiel oft Ernst machten. Denn später lockte nicht nur der Ruhm, sondern auch die Aussicht auf Gewinn, da im 14. Jahrhundert Roß und Waffen des Besiegten dem Gegner zufielen und eingelöst werden mußten. Darum gab es damalsGlücksritter, die aus dem Spiel ein Geschäft machten. Verschiedene Päpste, wie Cölestin III., bedrohten daher die Spieler mit dem Bann, und als König Heinrich von Frankreich

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