Heft 
(1914) 22
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Na, Schwiegermutter, Sie wollen wohl heute mit mir scherzen? Ich werde Ihnen acht Gute Groschen (gleich 1 Mark) geben! Hierauf kam die Antwort:Na, denn loop er man immer tu Hus bi Muttem, und lat er sick man de Aaltähne uttrecken! In dieser gemütlichen Weise ging der Handel weiter, bis der Aal für 10 Gute Groschen oder höchstens 15 Silbergroschen erstanden war. Mit dem Ausbau der Eisenbahnen in den 50er Jahren verschwanden die Bücklingsfrauen und Aalmarieken, nnd die Verproviantierung Berlins gestaltete sich um zu dem jetzigen Großhandel mit frischen Seefischen. Die Flußfische sind aber trotzdem nicht billiger geworden, sondern viel, viel teurer.

In unserer Jugend kostete ein Schock mittelgroßer Krebse etwa 10 Sgr. und ein Quantum lebender Hechte für circa 15 Sgr. war aus­reichend zum Mittagessen in einem Hausstand von 7 Personen.

Ständige Straßenfiguren waren ferner die Wasserträger, die den Hausfrauen das Spreewasser zur großen Wäsche in die Küche brachten, weil das harte Wasser der Hausbrunnen für die Wäsche, die jeder Haus­halt noch selbst besorgte, nicht geeignet war. Köpenick hatte damals sein gutes Herz noch nicht entdeckt, mit dem es den heutigen Berliner Hausfrauen die beschwerliche Arbeit der Wäsche abnimmt. Dio Wasser­träger hatten auf einem Handwagen eine große Wassertonne und zwei kleine Tonnen mit Handgriflen, worin den Hausfrauen das Wasser zu­getragen wurde und mit einem Silbergroschen pro Tonne bezahlt werden mußte. Als im Laufe der 50er Jahre die Wasserleitung sich über den größten Teil der Stadt ausdehnte, da hatten dio Hausfrauen weiches Wasser in den Küchen; das Geschäft des Wassertragens lohnte nicht mehr, und auch dieser Erwerbszweig ging allmählich ein.

An verschiedenen Stellen des Spreeufers waren damals am Boll­werk Brunnenrohre eingesenkt, aus denen die Wasserträger ihre Tonnen füllten, und ebenso holten sich die Weißbierbrauer das Wasser zu ihrem Gebräu namentlich aus einem Brunnenrohr, das unterhalb der Jungfern­brücke in der Spree stand. Eine kurze Strecke oberhalb dieser Stelle liegt die Gertraudtenbriicke, und unter dieser Brücke befand sich vor ihrem massiven Neubau in der weit zurückliegenden kanalisationslosen Zeit eine Stätte intimer Andacht. Die Berliner Kama raunte damals von einem Braugeheimnis, demzufolge gerade das Wasser dieses Spreebrunnens zu einer guten, schäumenden Weiße nötig sei! Der Brunnen an der Jungfernbrücke mußte auch eines Tages das Zeitliche segnen, und daher wurde vermutlich die alte Berliner Weiße von dem Bayerischen Bier überflügelt.

Bis zum Jahre 1848 durfte in Berlin auf der Straße nicht geraucht werden, und daher standen vor den belebten Stadttorenfliegende Zigarrenhädler. Sie hatten in einem Holzkasten Zigarren, eine kleine Lampe nebst Fidibus, und priesen ihre Ware an mit dem Rufe:Zigaro,