Heft 
(1914) 22
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Zur Geschichte der Ziegelstraße in Berlin.

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Dachpfannen und Dachziegel, sowie den benötigten Mörtel unabhängig von Ratsziegelgruben in Glindow bei Werder a. 11. sich für eigene Rech­nung zu beschallen. So lesen wir, daß um die Mitte des 17. Jahrhunderts Kurfürst Friedrich Wilhelm zum Ausbau des Schlosses zu Kölln a. d. Spree auf seinem Bergbauantheil in Kalkberge Rüdersdorf 200 Wispel Kalk brennen und wahrscheinlich auf den Grundstücken bei der Ziegel- und Kalkscheunenstraße zum ferneren Gebrauch vergraben ließ. Auf den Ziegeleien von Rathenow und Glindow brannte man für den Schloßbau 200 000 Mauer- und Dachziegel und brachte sie zu Wasser hierher. Später scheint der Kurfürst sich hiervon emanzipiert, bloß die Ziegel­erde auf dem Wasserwege bezogen und in der neuen Kurfürstlichen Ziegelei selbst die Ziegel gebrannt zu halten. Auffallend ist es, da das Plateau des Barnim vor dem Schönhauser Tor bei Pankow doch gute Ziegelerde geboten hätte, daß man diese nähere Bezugsquelle nicht benutzt hat. Vielleicht kannte man diese von Getreidefeldern bedeckten Tonlager noch nicht. Die Fabrikation an der Ziegelstraße mußte, als die Stadt mehr und mehr sich ausbaute, wegen der Rauchbelästiguug und weil die Grundstücke mit Wasserlagc immer wertvoller wurden, im 18. Jahr­hundert eingeteilt werden, dagegen erhielten sich die Kalkscheunen bis ins 19. Jahrhundert.

Zum Schluß müssen wir fragen:Welcher Art waren die Mauer­ziegel, welche der Kurfürst und die Könige in Berlin brennen ließen? Von besonderer Qualität unzweifelhaft nicht; heute würde man sie als einfache llintermauerungsziegel einschätzen. Das hängt mit dem gegen das Mittelalter völlig veränderten Baustil der Renaissance zusammen. Ihre Einführung in Berlin-Kölln kann als das Grab der althergebrachten Ziegelindustrie und der von ihr bis dahin hergestellten vortrefflichen Backsteinrohbauten bezeichnet warden. Die Ilausteinfassaden, überhaupt den Werksteinbau Italiens und Frankreichs nachzuahmen, dazu war und blieb man bei uns bis ins 19. Jahrhundert, viel zu arm. Allenfalls ver­wendete man zu dekorativen Bauteilen, Fensterumrahmungen, Türstürzen und dgl., Hausteinwerkstücke, wie sie Jagdschloß Grunewald und der älteste Teil unsers Schlosses (der grüne Hut, die St. Erasmikapelle) auf­weisen, aber das äußere Mauerwerk wurde durchaus mit Abputz verdeckt, schlecht und recht. Leider oftmals vielmehr schlecht als recht, wie zwei Beispiele zeigen mögen. Als vor wenigen Jahren die Putzflächen der erwähnten ältesten Teile des Berliner Schlosses an der Spree abge­klopft wurden, zeigte es sich, daß das Mauerwerk zwar fest, aber höchst unästhetisch aus allem möglichem Material hergestellt war. Da sah man Feldsteine, Rüdersdorfer Kalkbruchsteine, sowie einzelne rote Back­steine im mittelalterlichenKlosterformat, wahrscheinlich herrührend von der alten Stadtmauer Köllns zwischen Breite- und Brüderstraße, niedergelegt auf Befehl des Kurfürsten, um die widerhaarige Stadt zu