0. 7. außerordentliche) Vernammlnnjr de* XXI. Verrm*jahre*.
in allen Schichten der Bevölkerung gleich stark beobachten: von dem Arbeiter in der Laubenkolonie bis zum Millionär in seinem Grunewald-Palais!
So prunkvoll sich auch die Prachtstraßen unserer Riesenstädte den Augen des Zuschauers zeigen, soviel Luxus und Komfort, soviel geistige Anregung edelster Art und soviel Zerstreuung sie auch bieten — wir alle sind doch — bewußt oder unbewußt
— herzlich großstadtmüde.' So großstadtmüde, wie es schon in der Augusteischen Glanzzeit ihres Reiches die Römer waren, als ihr vergötterter Lieblingsdichter Horaz ihnen die berühmten Verse schrieb:
Hoc erat in votis: modus agri non ita magnus, hortus ubi et tecto vicinus aquae fons, et paulum silvae . . .
„Das war immer mein sehnlichster Wunsch, ein bescheidenes Stückchen Ackers, darauf ein Gärtchen — nicht ferne vom Haus die sprudelnde Quelle, und darüber ein Weniges Wald . .
Verlockend klingt das Lied des gefeierten Dichters zu uns herüber aus Zeiten, die fast zweitausend Jahre vergangen sind, und die doch eine ganz merkwürdige Ähnlichkeit mit unsenn modernenLeben besitzen: das glänzende, täglich wachsende, prunkvolle Rom des Horaz löste in den Seelen seiner Zeitgenossen die gleiche Großstadtmüdigkeit aus, die wir heute in unserm Spree- Athen überall beobachten! Und nicht nur Berlin leidet darunter
— auch alle auderen Großstädte Deutschlands — alle, die wider
Willen wachsen, die sich des flutenden Zustroms neuer Bürgerscharen aus der Provinz und aus dem flachen Lande nicht mehr erwehren können. Wir ertrinken ja schon in dem steinernen Meer der himmelhohen Mietskasernen — wir rufen verzweifelt nach dem Wald- und Wiesengürtel — nach der Gartenstadt — nach der Landhaus-Kolonie — nach dem Eigenheim! Wir verschmachten vor Sehnsucht nach frischer Luft für unsere Lungen, nach lichtem Grün für unsere Angen, nach Ruhe! — Ruhe! — und abermals Ruhe! Für unsere gemarterten Nerven, die den tosenden Lärm in den endlosen Straßenzügen nicht mehr ertragen können! Darum träumen wir heut aufs neue den süßen Traum des alten Horaz von dem „bescheidenen Stück lein Ackers, darauf ein Gärtchen — nicht ferne vom Haus die sprudelnde Quelle und darüber ein Weniges Wald-“
Lange genug hat die „Liebe zur Scholle“, das Germanen- Erbteil von Urzeiten her, in unserm Herzen geschlummert. Hätten wir uns nicht darauf besonnen, daß wir im ausschließlichen Großstadtleben als Nation zugrunde gehen müssen, dann hätte