9. (7. außerordentliche) Versammlung des XXI. Vereinsjahres.
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auch das Problem der Gartenstädte, das heute mit ein Hauptproblem unserer ganzen Kultur ist, nicht so schnell zu der ungeheuren Bedeutung gelangen können, die es heute besitzt.
Kaum 12 Jahre sind es her, daß Ebenezer Howard, der Apostel der Gartenstadtbewegung in England, sein berühmtes bahnbrechendes Werk „Gartenstädte in Sicht“ geschrieben hat. Zwei Jahre darauf begann man, seinen Anregungen folgend, mit der Anlage der ersten Gartenstadt Letschwood. Sie bildete gewissermaßen den Prüfstein für die Realisierbarkeit der neuen herrlichen Idee, welche die Vermählung von Stadt und Land bedeuten sollte!
Jetzt, also bereits nach einem Dezenimn, steht diese geniale Schöpfung auf einer solchen Höhe, daß im März d. J. eine imposante Kundgebung zu Ehren Ebenezer Howards unter dem Vorsitz von Lord Grey in London stattfinden konnte. Bei dieser Kundgebung wurde von allen Seiten bedingungslos in dankerfüllter Weise anerkannt, daß die Entwicklung von Letschwood dem Gedanken der Gartenstädte ein für allemal Bahn gebrochen hat und damit die Morgenröte eines neuen, glücklicheren Zeitalters für die gesamte Kulturwelt am Horizont leuchtet. Das Leben künftiger Generationen wird sich nicht mehr in den riesigen Steinwüsten unserer heutigen Großstädte abspielen, sondern das Leben in der Gartenstadt wird der Antäusboden sein, der die von der Hyperkultur unserer Tage geschwächte Menschheit zu neuer Kraft und zu neuer Frische auf blühen läßt.
Solch große Umwälzungen, die unserm Leben neue Formen geben, pflegen naturgemäß viel Zeit zu ihrer Entwicklung zu brauchen, deshalb ist es eine besonders freudige Überraschung, daß unsere liebe, heimatliche Mark mit solch unglaublicher Schnelligkeit dem guten Beispiel Englands gefolgt ist, und daß- wir uns hier in dem wunderschönen Frohnau bereits an dem glänzenden Beispiel einer Gartenstadt erfreuen können. Frohnau ist aber in seiner Eigenart durchaus verschieden von Letschwood und von den Letschwood mehr oder minder genau nachgeahmten Siedelungen in England, Amerika und Frankreich, denen auch Hellerau bei Dresden entspricht. Denn Frohnau ist eine Weiterentwicklung des schönen Gedankens, ein Fortschritt, ein Kulminationspunkt: sie ist noch viel schöner und verlockender, als die Gartenstadt, weil sie einen ganz neuen und ganz besonderen Typ repräsentiert. — Die Waldstadt. Wie mit einer Wünschelrute aus den dunkeln, märkischen Föhrenwäldern und dem gelben märkischen Sand hervorgezaubert, liegt sie da mit ihren wundervollen Rosengärten und lichtgrünen Schmuckplätzen