Heft 
(1914) 22
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10. (3. ordentl. Versammlung des XXI. Vereinsjahres.

Charakterzüge des späteren Dichters. Seine Hallenser Studentenzeit im Beginne des Jahrhunderts wird nach ihren beiden scharf gesonderten Perioden erörtert: die tolle Zeit brausender Jugend und die darauf folgende Einkehr, sowie der Beginn der Hauslehrertätigkeit Raupach folgt dann dem älteren Bruder Friedrich nach Petersburg, wo er sich nach einem pädagogischen Abstecher auf ein Gut in der Nähe Moskaus durch lange Jahre als Erzieher und schließlich als Universitätsprofessor für Geschichte sehr wohl fühlt, bis er 1822 infolge einer ungerechten Denunziation aus dem Lande scheiden muß. In diese Periode der Lehr­tätigkeit, die der Vortragende an der Hand eines alten Kollegheftes f eines Hörers von Kaupach lebendig zu schildern in der Lage ist, fällt Raupachs nur einjährige Ehe mit Cäcilie von Wildermeth, deren Eude ihn vollständig daniederwirft. Von Rußland wendet er sich über das heimatliche Liegnitz und Wien nach Italien, um dann nach einem ver­geblichen Versuche iu Weimar festen Fuß zu fassen die Audienz hei Goethe wird nach den verschiedenen Berichten geschildert schließlich in Berlin festen Fuß zu fassen. Damit endet der erste Abschnitt in des Dichters Leben, dessen Hauptwerke zunächst einer Betrachtung unter­zogen werden. Vortragender hebt die Verdienste Sophie Schröders um Raupachs Dichtung hervor, charakterisiert und belegt mit Beispielen seine Sprache und den Aufbau der Stücke, die nur um des Erfolges der Bühne gerade so, wie sie sind, angelegt wurden. Die ungemeine Raschheit der Arbeit Raupachs wird nach seinen eigenen Aufzeichnugen an etlichen drastichen Beispielen dargetan, von seinem schlichten und einfachen Leben ist die Rede, von seinem Rittergute, das er sich erschrieben und sehr gut wieder verkauft hatte. Seiner Tätigkeit beim Lesekomitee des Hoftheaters wird gedacht, sein Verkehr mit Tieck, Hegel und Raumer geschildert und schließlich den menschlichen und politischen Ursachen seines allmählich schwindenden Einflusses. Nach den Schilderungen Holteis erfährt die Episode aus dem Ende seines Lebens, sein Geschichts­unterricht, den er dem Prinzenpaare von Preußen gab, eine genauere Wiedergabe, desgleichen wird seiner zweiten Heirat mit Pauline Werner gedacht und schließlich sein Tod in großer Vergessenheit ge­schildert, ebenso wie das Begräbnis und die Wiederherstellung des Grabes durch das Berliner Hoftheater auf Veranlassung des Vortragenden. Nach der Darlegung dieses Lebensganges geht der Vortragende über zur Charakterschilderung Raupachs; er war ein sehr industriöser Herr, äußerlich und innerlich von etlichen abstoßenden Zügen; gleichzeitige Zeugnisse belegen dies.

Der Vortragende gibt dann als den letzten Teil seiner Ausführungen eine Charakteristik etlicher wichtiger Stücke von Raupach, die von 124 heute noch irgend eine Gegenwartsbeziehung haben. Ausführlicher geht er auf die Hohenstaufen ein, ebenso auf den Nibelungenhort, die Tochter