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in der Teltower Vorstadt „von dienstbaren Geistern allerhand Art in Dämmerungserzählungen“ zugetragen wurde.
Er zeigt bei der Wiedergabe, daß in der Potsdamer Beamten-, Soldaten- und Pensionärstadt außer der gesellschaftlichen Oberströmung noch eine gesellschaftliche Unterströmung, also ursprüngliches, eigenartiges volkstümliches Leben in Brauch, Sage und Sprache vorhanden ist.
Die kleine Schrift enttäuscht den Leser anfangs, weil er 1. die Potsdamer Sagen nicht in nett abgerundeter Form, wie Kuhn, Schwartz u. a. sie gaben, vorfindet, 2. manche wertvolle Sage, z. B. die von der Bittschriften-Linde, vermißt, obwohl man annehmen dürfte, daß der Verfasser den gesamten Stoff des vergriffenen Reinhardscheu Werkes aufnehmen würde, 3. weil an verschiedenen Stellen Derbheiten Vorkommen, sodaß man das Buch Kindern nicht gern in die Hand geben wird, 4. zahlreiche Betrachtungen, namentlich sprachliche, Vorkommen, die zum Titel kaum in Beziehung stehen und teilweise auch auf Widerspruch stoßen dürften, wie die Erklärung des Namens Potsdam als „bei den Eisenschmelzen“ (Po-testam). Es ist dann ja auch unmittelbar darauf ein neuer Erklärungsversuch von unserm verehrten Mitglied, Pfarrer Schmidt in Eisholz unternommen worden, der Pod mit „unter“ und stup mit „Tritt“ übersetzt und eine Ergänzung durch ein Hauptwort voraussetzt.
Aber wenn auch diese und ähnliche Erklärungsversuche abzulehnen sind, so erscheinen doch die beigegebenen Beweismittel Handtmanns für die Kulturgeschichte höchst wertvoll, z. B. die Aufzählung der Ortsund der Flurnamen, die auf Eisengewinnung in der Vorzeit deuten.
Und je mehr man sich in das volkstümliche und wissenschaftliche Beiwerk hineinliest, desto mehr wird die Aufmerksamkeit gefesselt, und wer das Schriftchen bis zu Ende liest, wird einsehen, daß Handtmann hier eine höchst anerkennenswerte Leistung zu stände gebracht hat. Das tritt ganz besonders hervor in der Abhandlung über unsere Nationalhymne „Heil Dir im Siegerkranz“. Handtmann erzählt darüber folgendes. In dem Kreise, der sich 1846—47 um den Maler Kopisch in Potsdam versammelte, wurde einst in Gegenwart des Königs die Frage aufgeworfen, woher die Melodie stamme. Es wmrde festgestellt, daß sie 1813 durch Scharnhorst, einem tüchtigen Musikkenner, beim Aufmarsch der schlesischen Armee aus dem Glatzer Brunnenliede der böhmischen Pilger in das Profane übertragen worden ist.
1864 hörte Handtmann diese böhmische Pilgermelodie selbst in Reinerz, stellte weitere Nachforschungen über ihre Herkunft an, verfolgte sie über Prag nach Kloster Armand bei Tournay in den Niederlanden, wo der Mönch Hucbald, der Organisator des niederdeutschen Kirchen-