Heft 
(1914) 22
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17. Ä. oHentl.) Vemmrahm? de« XXI. Vereiasjahre*.

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gesanges, sie um das Jahr 900 wahrscheinlich aus einer alten heidnischen Bardenweise in den Kirchengesang übernahm und durch Unterlage eines kirchlichen Textes desinfizierte.

Kr schließt mit den Worten: unsere Königsmelodie ist also deutsch, uralt deutsch und mit dem Wunsche: Möchte dem Museumsverein in Potsdam das Glück bescliieden sein, durch seine Forschung Sicherheit über diese Annahme zu gewinnen.

Wenn Ilandtmann weiter nichts gebracht hätte, als diese eine Ab­handlung, so wäre seine Arbeit schon ungemein wertvoll; denn unzweifel­haft hat er mit seiner Annahme recht! Viele unserer wirksamen Nationalinelodieu gehen zurück auf ältere Vorbilder. Die Wacht am Rhein, die 1870 sich mit Sturmesbrausen Bahn brach durch ganz Deutschland und uns wie Dounerhall ins Herz drang, fand vor allem deswegen lebhaften Wiederhall, weil, wie Dr. 0. Fleischer nachweist, die Tonfolgen und Grundakkorde die preußischen Signaltöne enthält, auf die wir Preußen nun einmal eingestimmt sind.

Der Norddeutsche, der jemals den scheinbar eintönigen Gesang römischer Priester namentlich in der Passionszeit hörte und über seine Wirkung erstaunte, findet bei genauer Betrachtung, daß auch hier die­selben Grundformen und Tonreihen Vorkommen, aus denen Joseph Haydn das herrliche LiedDeutschland, Deutschland über alles auf­baute. Denn er war nicht der Schöpfer der Melodie, wie er selbst glaubte, sondern im wörtlichen Sinne derKomponist. Was aus seinem Empfinden zurückstrahlte, besaß die alte Kirche schon längst in ein­facher Form vielleicht mehr als anderthalb Jahrtausenden. Daher entstand noch zu seinen Lebzeiten das Gerücht, Haydn habe die Melodie nicht selbst gemacht, sondern nur in Kroatien gehört.

Melodien wieDeutschland, Deutschland über alles undHeil Dir im Siegerkranz sind daher wahrscheinlich ursprünglich urdeutscher Besitz, der sich bis in die Vorzeit verfolgen läßt. Wenn so hoch an­gesehene Leute wie Dr. Oskar Fleischer diesen Gedanken aussprechen, so wird man einem Ilandtmann, der nicht Fachmann war, zu diesem Resultat seiner Forschung mit Freude beglückwünschen und seine Schrift trotz mancherlei kleinlicher Ausstellungen als eine außerordentlich wertvolle bezeichnen dürfen.

XXVII. Gijsel van Lier in Mödlich, West-Prignitz. Mit Rücksicht auf die am 8. daselbst zu Ehren des berühmten Admirals dort stattgehabte Feier stellt der I. Vorsitzende folgende Mitteilung aus dem Bert. Lokal-Anz. vom 15. d. M. zur Verfügung: Der Kolonisator der Lenzener Elbwische, von Ernst Friedei. Ein ungewöhnlicher Mann war es, der niederländische Admiral Gijsel van Lier, dessen