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17. (6. ordentl. Versammlung de» XXI. Ver*iB*j»bre*.
sterbliche Reste am 8. Dezember 1912 zum zweiten Male in dem Wischedörfchen Mödlich bei Lenzen a. E. mit feierlichen Ehren bestattet wurden. Er wird mit Recht als der Kolonisator der verlassenen und fast vergessenen Lcnzener Elbwische westlich der Stadt und Burg Lenzen zwischen der Elbe und der Löcknitz, zwischen Mecklenburg und dem hannoverschen Wendland gerühmt. Der Dreißigjährige Krieg hatte unter der Bevölkerung schrecklich aufgeräumt, so daß cs in der ganzen meilenweiten Umgebung nur noch vereinzelte Hausstellen und einen einzigen Pfarrer gab, der, wie Ilandtmann erzählt, kreuz und quer durch die Prignitz mit einem Karren zog, um das wildgewachsene Korn und sonstige Frucht zu seinem Unterhalt zu sammeln. Wo er halbwüste Ansiedlungen noch vorfand, predigte er und verrichtete andere Amtshandlungen: Taufen, Trauungen, Beerdigungen! So bemerkte er einst bei der Löcknitz einen einzelnen wildaussehenden Mann, den einzigen Ueberlebenden des Dorfes Seedorf, danu noch einen zweiten Mann bei dem ehemals blühenden Dorf Mödlich; beim Nachspähen kam sie die Lust an, die Glocke im Kirchturm daselbst, die seit Jahren verstummt) zu läuten. Die wenigen Bewohner, die sich auf dem linken Ufer als Flüchtlinge niedergelassen, hörten mit Erstaunen den ungewohnten Klang und kamen allmählich schüchtern und vorsichtig aufs rechte Ufer. Hier überzeugte sie der Pfarrer von der Fruchtbarkeit der Elbwische, und nun beschloß man, die alten, verlassenen Dörfer Seedorf, Breetz, Garz, Barz, Besandten, Unbesandten, Kietz, Rosendorf, Wootz und Mödlich neuzubeleben. Die Räte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm erstaunten nicht wenig über den Gedanken, die fast vergessene Lenzener Wische zu kolonisieren, gingen aber auf die Vorschläge sofort willig ein. Vom Niederrheiu und Niederland wurden Kolonisten verschrieben, die sich unter der obersten Leitung Gijsel van Liers sofort auf die Urbarmachung warfen. Dieser war, als die Kurfürstin Luise Henriette von Oranien von einem Besuch im Haag zurückkehrte, ihr Begleiter gewesen, wurde dem erlauchten Gemahl als der rechte Kolonisator vorgestellt und sofort zum Erbgerichtsherrn und Erbbesitzer auf Burg Lenzen bestellt. Damals (1652) war van Lier bereits im 73. Lebensjahre, dennoch wirkte er unermüdlich in der Wische bis zu seinem erst nach 24 Jahren erfolgenden Tode.
Da er als Holländer mit dem Kampf gegen Wassersgewalt vertraut war, galt seine erste Sorge der Elbkorrektion auf dem rechten Ufer von der Einmündung der Stepenitz bei Wittenberge bis zur Löcknitz-Mündung und der Sicherung der eigentlichen Lenzener Wische mit hohen Deichen. Um möglichst allgegenwärtig zu sein, siedelte er sich in dem bescheidenen Dörfchen Mödlich dicht bei dem Kirchhof an und ließ hier ein bescheidenes Erbbegräbnis in Form eines backofenartigen Anbaus für sich aufführen.