Heft 
(1914) 22
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17, fi. urdentl.) Versammlung de* XXI. Verein*j*hre*.

Des braven van Liers Andenken ist ein gesegnetes gewesen. Wenn die Hauern auf dem Deich entlangfubren, lüfteten sie die Mütze und beteten:

Er hat getragen Ciiristi Joch,

Ist gestorben und lebet noch.

Ein Gegenstand scheuer, aber erfurchtsvoller Neugier war der wohlerhaltene, mumifizierte Leichnam des Admirals selber. Ob zu seiner Erhaltung beigetragen, daß der Körper, wie das Volk erzählt, zehn Tage in Spiritus gelegen, ob die trockene Luft es bewirkt, kurzum, auch ich kann auf Grund mehrmaliger Oeflfnung des Sarges in meiner Gegenwart bezeugen, daß der Körper des ungewöhnlich großen und starken, 97 Jahre alten Herrn vorzüglich erhalten war, ebenso die blaue Uniform. Weniger gut konserviert waren die sterblichen Reste seiner in einem anderen Sarge der Gruft verwahrten Tochter, von der Rudolf Virchow meinte, sie sei an Lupus gestorben. Auf dem Sarg steht in Goldschrift:Der weyland Hochedelgeb. Gestrenge und Hochehrenveste Hr. Arnold Gijsel van Lier, ordinairer Habt der Niederlanden in Ostindien, Gouverneur über die Eylande und Fortressen Amboina, Admiral der Niederlande zum Dienst des Königs von Portugal, Churfürstlicher Brandenb- Geheimer Raht und Erb-Possessor des Amts und Hauses Lenzen. Ist geboren zu Loewenstein i. J. 1580, gestorben den 8. Dezember 1676. Seines Alters 97 Jahr.

In dieser Weise hat der alte Seeheld die Wacht am Elbstrom bis 1888 unverändert gehalten. In eben diesem Jahre brach eine grausige Flut herein, die auch das von Pfarrer E. Handtmann bewohnte Seedorfer Pfarrhaus und die Mödlicher Kirche mit der Lier-Gruft arg beschädigte. Unter diesen Umständen hat die Superintendantur und die Kirchen­gemeinde die Leichname des Admirals und seiner Tochter nmbetten und in neuen Särgen feierlich bestatten lassen. Die ursprünglichen Särge gelangen in das hauptsächlich durch den Eifer und die Sorgfalt des Herrn Berliner Polizeipräsidenten von Jagow neubegründete Prignitz- Museum zu Havelberg, woselbst sich bereits andere Erinnerungen an den van Lier befinden.

Noch sei erwähnt, daß der alte Seeheld in Anlehnung an den holländischen Flachsbau diesen auf den Wischefeldmarken einführte, und ' daß er, um die Ansiedler während der langen Winterabende zu be­schäftigen, Spinnstubeuabende einrichtete. Neben dein Kartoffelbau führte er,um die Gemütlichkeit zu erhöhen, auch das in den Niederlanden schon seit Jahrzehnten ausgeübte Tabakrauchen ein. Hierauf bezüglich schrieb Eduard Handtmann in dem unlängst erschienenen Heft 38 der Prignitzer Volksbücher:Das brachte des Holländers Tabak zuwege mit seiner truukrauschlosen Gemütlichkeit beim Zusammensitzen auf frei-

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