Heft 
(1914) 22
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oder wenn es sich um Tore handelte, die in ganz junger Zeit erst nicht sowohl der Befestigung als der Akzise und Mahl- und Schlachtsteuer wegen aufgeführt worden waren und bei deren Herstellung fiskalische Rücksichten die ästhetischen hatten zu kurz kommen lassen. Als solche Bauten fielen, schwiegen die Pietätsbedenken mit Recht. Zu diesen unbedauerlich geopferten Toren gehörten beispielsweise die als Oranien­burger, Schönhauser, Prenzlauer Tor älteren Berlinern noch bekannt gewesenen Toranlagen, die wenig über 100 Jahren ihre Rolle als Ver- kehrsheminnis.se gespielt hatten, ohne daß ihnen die Entschuldigung zur Seite stand, jemals zu Verteidigungszwecken in Anspruch genommen worden zu sein. Es war nicht schade um sie, als sie der Spitzhacke zum Opfer fielen. Wie ganz anders sah und sieht man auf die Tore, welche noch die Spuren der wechselnden Erfordernisse der Yerteidigrng traigen, wie der Fortschritt in der Waffentechnik und Kriegskunst sie bedingte, z. B. die nachträgliche Anbringung von Schießscharten, als Flinte und Kanone die Armbrust verdrängt hatten, oder die verschieden­artige, stetig verbesserte Herstellung von Fallgattern und Zugbrücken, ebenso geeignet zu einem Ausfall der Belagerten als im aufgezogenen Zustande zu verstärktem Schutz. Es sind in deutschen Landen und besonders in unserer Heimatprovinz immerhin noch eine beträchtliche Anzahl solcher ehrwürdigen Tore vorhanden. Die ältesten gehen bis in die römische Zeit zurück, ihrer sind indessen sehr wenige; vor allen die Porta nigra in Trier, ein Tor in Regensburg und einige, die ver­muten lassen, daß sie auf den Grundmauern älterer Tore aufgeführt sind. Reich an Toren, die im frühen Mittelalter entstanden, ist vor allem Süddeutschland: neben Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber, Iphofen und Ellingen in Mittelfranken, Amberg in der Oberpfalz, Rappoltsweiler im Oberelsaß, Nördlingen, Augsburg (das schöne Tor ist 1678 neu erbaut). Diese Tore sind, im Unterschiede von Norddeutschland, wo dieser Schmuck selten ist, zumeist auch mit Türmen versehen, was sie besonders malerisch erscheinen läßt. Wenige Tore finden sich im Westen Deutsch­lands erhalten. Von den früher hier vorhanden gewesenen gilt das Obengesagte, daß sie der Entwicklung haben weichen müssen. Das ist besonders bedauerlich bei schönen Toren, die Cöln besaß, und findet sein Gegenstück im Osten, in Breslau und Frankfurt a. 0., wo mittelalter­liche Tore nur der Erinnerung angehören. Wohlerhaltene Tore gibt es außerhalb der Mark u. a. in Bautzen (4 Tore), Halberstadt, Naumburg an der Saale, Stargard (ausgezeichnet durch ein wohlerhaltenes Vortor, wie es in alter Zeit viele Toranlagen besaßen), Neubrandenburg, Marien­burg (wo in Verbindung mit dem Schloß des deutschen Ritterordens die Tore nach einheitlichem Plane angelegt sind) und Danzig. Doch nirgends sind der schönen mittelalterlichen Tore so viele wie in der Mark und Altmark: Bernau, Müncheberg, Jüterbog, Mittenwalde, Prenzlau,