158
2. (2. anßerordentl.t Versammlung de* XXII. Vereinsjahre*.
Kirchenacker im „Bullenwinkel“ und seit 1032 der „Upstall“ nicht mehr besäet werden, weil es an Korn fehlte: 1637» raubten die „Krabaten“ 23 GroschenLichtgeld, 1637 fehlte es au Pferden für die Ackerbestellung; 1640 hatten die Soldaten das große Fenster in der Kirche zerschlagen und 1642 das Kirchenbuch geraubt. Von Kaub und Plünderung spricht fast jede Seite des Buches; darum waren nach dem 30jährigen Krieg« von den 11 Bauernstellen 8 wüst. 100 Jahre später suchten die Landsleute jener „Krabaten“, die Österreicher, die im 7jährigen Kriege die Charlottenburger Pulvermühle zerstören sollten, sowie die Russen die Dörfer heim und plünderten sie so aus, daß selbst der zerrissene Klingelbeutel der Kirche erst 1763 durch einen neuen ersetzt werden konnte. Am schlimmsten erging’s aber den Bewohnern in der Franzosenzeit von 1806-1808 und 1813, als bei dem nahen Großbeeren der Kampf entbrannte. Beim ersten Anmarsch der Franzosen wurden den Bewohnern 7809 Taler und 14 Groschen abgepreßt, wobei die Soldaten den Bauern die Säbelspitze auf die Brust setzten, wenn sie nicht sofort alles heraus gaben. Als am 22. Dezember 1806 der Landrat v. Hacke gefragt wurde, wieviel Franzosen die einzelnen Ortschaften aufnehmen könnten, antwortete er, die Dörfer hätten zwar alle schwer gelitten, keins aber mehr als Giesensdorf und Wilmersdorf; man möchte sie daher verschonen. Und doch wurden den Bauern je 15 Mann ins Haus gelegt, denen täglich l 1 ', Pfund Brot, 1 Pfund Fleisch, Vorkost, Bier und alle 3 Tage 1 Quart Branntwein zu liefern waren. Man erfuhr, was es heißt, den Feind im Lande haben, und endlich wandten sich die gequälten Giesensdorfer an den König und flehten ihn an, sie von Lieferungen zu befreien. „Wir sind ohne Brot und ohne Saat und bitten, auf unsern Kornböden nachsehen zu lassen!“ Auch Blutsteuer hatten die Giesensdorfer zu zahlen. Nach einer Bemerkung im Kirchenbuch (1814) war der Sohn des Gottfried Haupt als Soldat 1812 mit nach Rußland gezogen und dort gefallen. 1813 trieben es die uns verbündeten Russen in Giesensdorf schlimmer als die Franzosen. Das Jahr 1813 forderte neue Opfer; der Pfarrer Mulzer gab den goldenen Trauring für einen eisernen hin, der Lehrer Stachert rüstete seine beiden Söhne als Freiwillige aus, und das Dorf stellte einen dritten. Die Not hat das Dorf also oft schwer gedrückt, so schwer, daß es sich nie recht erholen konnte; es ist ein ärmlicher Ort bis zu unsern Tagen geblieben. Bezeichnend ist eine Bestimmung vor 1875 über die Ausbesserung des Schnlbauses, dessen Fenster bis auf eines zur Lüftung vernagelt werden sollten, weil die verrosteten Haspen in dem verfaulten Holz der Rahmen nicht mehr befestigt werden konnten. Wo die Bretter am Giebel mit altem Holz nicht mehr ausgebessert werden konnten, sollten die Löcher mit Moos verstopft werden. Die alte Lichterfelder Kirche wurde im 30jährigen Krieg wüst; 1701 erfolgte ein Neubau, der wenig sorgfältig ausgeführt wurde; denn bereits