Heft 
(1914) 22
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3.(3. amierordeutliehe) Versammlung de* XXII. Vereinejahre*.

eines allgemeinen Lehrbegriffs für die Unterämter Frankfurt uud Leipzig 1787; 6.Führer durch die vom 25. April bis 21. Mai 1907 in Werder stattfindende Allgemeine Ausstellung; 7. Mitteilungen des Yereius für die Geschichte Potsdams.

Es ist das Jahr 1736. König Friedrich Wilhelm I. kommt auf einem mit 2 Pferden bespannten Wagen nach Werder, um seiue lieben blauen Kinder zu besuchen; hat er ihnen doch eine besondere Wohltat gewährt: ein Kommando ist zur Erholimg nach Werder geschickt worden, weil dort eine stärkende Luft zu finden ist. Er fährt gerade die Fischerstraße hinab; da bleibt der Wagen in einem Morast stecken, und der gestrenge Herr befiehlt nun die sofortige Pflasterung der Stadt, wofür die Kämmerei­kasse 673 Taler hergeben imiU. Die Zustände s|>otteten ehedem aber auch jeder Beschreibung: fuhr man doch in der nassen Jahreszeit in der Fischerstraße und beim Pfarrgarten im Kahn von einem Ilaus zum andern, wie alte Leute noch 50 Jahre später und Bürgermeister .Schönemann erzählten.

An die alten Straßennamen knüpfen sich allerlei Erinnerungen. Die Brüderstraße z. B. erhielt ihren Namen nach den 7 Gebrüdern Fritze, die dort wohnten, die Baderstraße nach den Badern und Barbieren, die 1784 seit mehr als 200 Jahren hier ansässig waren, und die Michaelgas.se, wo zu Schönemanns Zeiten nur 4 Häuser standen, nach dem in einer Erdhöhle hausenden Schuster Michel; er wurdeüber ertappte Näschereien in der Küche des verstorbenen Ratmanns Leßling, von dem Koch unvor­sichtigerweise mit einer Feuerzange erschlagen, die Höhle aber zugeworfen und ein Haus darauf erbaut.

Aut der Insel sollen aber der Überlieferung nach nicht die Anfänge Werderszu suchen sein. Schönemann berichtet, daß man auf deralten Dorf­stelle noch Überreste einer ehemaligen Ansiedlung gefunden habe. Die erste urkundlich feststehende Jahreszahl ist 1317. Damals wurde vom Truchseß Waldemars, dem Ritter Sloteke, nach einer in Soldin ausgestellten Urkunde Werder für 244 Mark Brandenburgischen Silbers an Lehmin verkauft und der Ort als Bleckeken bezeichnet. 1458 wurde er durch Friedrich II. zur Stadt mit dem Marktrecht erhoben. An die Zugehörigkeit zu Lehnin erinnern noch die ausgedehnte Fischereigerechtigkeit und der früher bedeutende Weinbau. 1542 wurde Werder kurfürstliche Domäne; die Klosterabgaben fielen dem Domänenaint zu, das die Jurisdiktion über Werder übte; Verwaltung und Rechtspflege wurden durch Friedrich den Großen getrennt.

Der Schutz der natürlichen Lage bewirkte, daß Werder von den großen geschichtlichen Ereignissen wenig berührt wurde. Während Potsdam im 30jährigen Kriege viel zu leiden hatte, wie der damalige Pfarrei- Franke an St. Nikolai berichtete, fanden die Schweden um 1637 uud Pfingsten 1641 wegen einer Unvorsichtigkeit der Bewohner, die sonst sogar