Heft 
(1915) 23
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9. (7. außerordentliche) Versammlung des XXII. Vereinsjahres.

Nunmehr zu Rauch. Wie Schinkel die Baukunst, hat Christian Rauch (17771857) lange Zeit die Bildhauerei in Preußen beherrscht. Erinnert sei nnr an die Königin Luise und ihren Gemahl im Charlottenburger Mausoleum, au die Reliefs am Grabmal Scharnhorsts, an die Siegesgöttin auf der erwähnten, von Cantian hergestellten Säule des Belle-Alliance- Platzes, an die Bildsäulen von Scharnhorst und Bülow am Opernplatz, an mehrere Bildsäulen des Kreuzbergdeukmals und an sein Hauptwerk, das Denkmal Friedrichs des Großen.

Als talentvollster Schüler Schinkels gilt der in der Nähe bestattete Oberbaudirektor Friedrich August Stüler (f 1865). Das Neue Museum, die Friedenskirche in Potsdam und manche andere Bauten, die zum Teil auf direkte Inspiration seines Gönners und Freundes Friedrich Wilhelm IV. geschaffen, erhalten sein Andenken lebendig.

In der Nähe sehen wir das bescheidene Grab des Rechtslehrers Flduard Gaus (f 1839), des talentvollsten Vertreters der philosophischen Richtung in der Jurisprudenz und Gegners der historischen Richtung Savignys. Obwohl der eifrigste Schüler Hegels, soll dieser von ihm gesagt haben:Von allen meinen Schülern hat mich nur einerGans verstanden und dieser hat mich mißverstanden!

Wir verweilen nahe der Hannoverschen Straße alsbald ehrfurchtsvoll vor dem großen Genius unseres Gottfried Schadow, dessen edelstes Bild­werk, das Grab des Grafen von der Mark, die besondere Zierde unserer Dorotheenstädtischen Kirche ist. Die Bildsäule Zietens sei daneben erwähnt, ferner die des alten Dessaner und das Viergespann auf dem Branden­burger Tor.

Auf der anderen Seite des Fahrweges finden wir u. a. die Gräber der beriihmteu griechischen Philologen Boeckh und Buttmann. Vorbei au dem Grabe des Architekten Spitta und des Bildhauers Schivelbein fällt uns das in buntglasierten Terrakotten errichtete Familiengrab des Baurats Hoffmann auf, des Erfinders der nach ihm benannten Hoffmann- schen Ringöfen für die Ziegelfabrikation.

Nicht würdiger können wir unseren Rundgang beschließen als mit einer Würdigung des 1853 verstorbenen, um Handel und Industrie so hochverdienten Ministerialdirektors Beuth, dem mit Recht auf dem Schinkel­platz ein Standbild gewidmet ist.

Wie einfach und bescheiden sind doch wir müssen es immer wieder betohuen die Denkmäler aller dieser großen Geister, wenn wir vergleichen, was das Ausland, insbesondere Italien, seinen Koryphäen zu widmen pflegt!

Die Teilnehmer schieden mit lebhaftem Dank. Vergl. hierzu den Aufsatz des I. Vors.Auf dem alten Dorotheenstadt-Friedhof im Berl. Lok.-Anz. vom 23. September 1913.