Die Webstnhlgewichte und ihre Bedeutung.
61
gewichte aus, die auf Holzkohle lagen, so daß sie erst beim Brande des Hauses und Webestukles hex-abgestürzt wai’en. Die Gewichtsangaben über diese Zettelstrecker schwanken in den verschiedenen Berichten; ihr Gesamtgewicht beträgt ca. 40 U. Aus der Lage der herabgefallenen Stücke ließ sich entnehmen, daß sie einst in zwei Reiben zu je sieben angeordnet waren. Bei einer Bodenbi-eite von je 7 l / 3 cm nahmen sie im ganzen 52 l / s cm in Anspruch; es blieb also bei dem etwa 60 cm breiten Gewebe genügend Spielraum für jedes Gewicht, vorausgesetzt, daß die Reihen in verschiedener Höhe hingen, wie wir es von den griechischen Vasenbildern* 9 ) her kennen. Was die Gewichtsunterschiede zwischen den einzelnen Zettelsti’eckern dieses Satzes und damit auch der anderen anbelangt, so möchte ich vermuten, daß die schwereren ihren Platz an den Seiten der Kettenlage gehabt haben, da ja die äußeren Fadengruppen dem Querznge des Schußfadens einen stärkeren Widerstand entgegensetzen mußten, zumal im allgemeinen die Sperrute nicht bekannt gewesen zu sein scheint.
Die verhältnismäßig geringe Stückzahl dieser Sätze legt den Gedanken nahe, daß die Gewebe, die an den alten Gewichtwebstühlen hergestellt wurden, nur eine geringe Breite hatten, ein Gedanke, den auch die ganze Arbeitsart hierbei hervorruft. Eine willkommene Bestätigung gaben mir die mündlichen Mitteilungen, die mir in liebenswüi’diger Weise Herr I)r. Kiekebusch vom Märkischen Museum in Berlin über seine Ausgrabungen in Buch machte. Auffällig war es, daß in Buch die Tonkörper in Gruben lagen. Diese Webegruben haben aber aller Wahrscheinlichkeit nach eine andere Bedeutung als die unterirdischen Webekammern der alten Germanen, von denen Tacitus 40 ) ei’zählt. Bei den Webegi'uben in Buch hat man sich nämlich den Webestuhl oberirdisch stehend zu denken, nur die Zettelstrecker und damit einen Teil der Kette ließ man in die Grube hinabhängen; ähnlich wie es an dem Webestuhl auf einer schwarzen Urne aus einem Tumulus der Hallstattzeit bei Oedenbui’g in Ungarn 41 ) gemalt worden ist. Ohne Bodenvertiefung ist es nur möglich eine Kette zu verweben von einer Länge, die dui'ch den oberen Querbalken und die
39 ) Riegl a. a. O. S. 298 weist übrigens mit Recht darauf hin, daß die Ausgrabungen Conzes Ansicht, die zierlichere Kegelform sei Griechenland eigentümlich, widerlegt haben.
«) Germania lß. Vergl. Wackernagel, Kleinere Schriften, Leipzig 1872, S. 21 und 41. Ettmiiller, Mitt. der antiq. Ges. in Zürich 1866, S. 233. Eugster, Die Gemeinde Herisau, 1870, S. 869. Weigert, Verhdl. der polytechn. Gesellsch. zu Berlin, 1865, LXY1 S. 94. A. Schulten, Die Ausgrabungen in und um Xumantia, Internat. Monatsschrift für Wissensch. etc., Januar 1913, Spalte 456: „Der Kellerraum diente zugleich als Winterwohnung, besonders, wie zahlreiche Webstuhlgewichte und bpinnwirtel zeigen, als Spinnstube der Weiber, wie es nach Tacitus ja auch bei den Germanen war“.
4l ) Siehe: Iloernes, Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa, Taf. XXIX. Kimakowicz, S. 54 Fig. 83. Den Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Kiekebusch.