Die Webstnhlgewicbte und ihre Bedeutung.
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ist ihre Anschauung von Chatzi-Zogidis 47 ) mit gewichtigen Gründen zurückgewiesen worden.
Besonders aber waren es ungarische Gelehrte, die der Zettelstreckertheorie abhold gegenüberstanden. Kimakowicz hat S. 2 u. folg, seines Werkes ihre Ansichten zusammengestellt, und, obschon er alle verwirft, so ist doch nicht zu bestreiten, daß ein Teil der fraglichen Tonkörper als Feuerböcke oder Feuerhunde 48 ), ein anderer als Netzsenker gedient haben mag. Für beide Zwecke sind sie zum Teil gut verwendbar. Was aber für einige gilt, darf nicht auf alle ausgedehnt werden, wie es Kimakowicz tut Er erklärt alle diese Tonkörper für vorgeschichtliche Tonwinden, die beim Spannen der Kette die Fadenspulen zu halten hatten. So fand er sie nämlich in Siebenbürgen noch heute im Gebrauche. Fig. 4, 29, 70 und 71 bildet er derartige Tonwinden ab, und man muß zugeben, daß diese "Verwendung ganz praktisch sein mag.
Wenn Kimakowicz nun aber S. 38 behauptet, daß man „bei heutigen Natur- und Kulturvölkern keinen Webstuhl kennt, daran die Kettenfäden durch Gewichte gestreckt werden“, so verweise ich ihn auf Birdwood 49 ), der bei den Indern das Spannen der Kette im Webstuhl durch Gewichte beobachtet hat, und auf die in meinen Arbeiten zusammengestellte Literatur über die Weberei in Palaestina und Aegypten.
Betrachten wir nun die Punkte, auf die Kimakowicz seine ablehnende Haltung gegen die Zettelstreckertheorie gründet. Er stellt S. 6 u. 7 ihrer sechs zusammen. 1. „Bekanntlich haben fast alle Kegel kleine, oft sehr enge Bohrungen, in welche bloß ein fein gespitzter Stab eingeführt werden könnte“. 2. „Hierzu kommt, daß tatsächlich Kegel Vorkommen, die keine durchgehende Bohrung aufweisen“. 3. „Die an der Kette angebrachten Gewichte sind nicht nur vollkommen überflüssig, sie würden vielmehr durch fortwährendes Hin- und Herpendeln die Arbeit erschweren“. 4. Bei Einzelanhängung würden sich die Fäden aufdrehen, bei Befestigung von Fadengruppen würden sich die einzelnen Kettengruppen zu einem Seile zusammendrehen. 5. Es fehlten alle Abnützungsspuren 60 ), die auf eine Hängelage schließen ließen, vielmehr
47 ) Athena Tom. X 1898, S. 641 f.
48 ) Römer, Archeologiai levelek I (Archeologiai ßrtesitö), Pest 1870, Bd. IY, S. 16.
49 ) Sir George Birdwood, Teppich - Erzeugung im Orient, Monographien herausgegeben vom K. K. Österr. Handels-Museum, Wien 1895, S. 28. Gegenüber dem Webestuhl, den Aurel Krause, Die Tlinkit-Indianer, Jena 1885, S. 199 abgebildet hat, teile ich zum Teil die Bedenken von Kimakowicz; die Beschreibung Krauses ist zu unklar, als daß ich die Frage entscheiden könnte.
®) Auf diese Tatsache hin hatte auch Dumont gegen die Erklärung der Tonkörper als Webegewichte Stellung genommen. Chatzi-Zogidis a. a. 0. S. 547 hat ihm aber mit Recht entgegengehalten, daß daraus nur hervorgehe, daß man den Toten eben neue Stücke mitgegeben habe, — wohlgemerkt, es handelt sich dabei um eine bestimmte Gruppe griechischer Tonkegel.