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21. (14. außerordentliche) Versammlung des XXII. Vereinsjahres.
deren Marmorausführung itn Hohenzollern-Museum zu sehen ist. In Rom förderten ihn besonders das Vorbild Canovas und Thorwaldsens, die auf der Höhe ihres Schaffens standen, die Schriften Zoegas und Welckers über die Antike, neben den vielseitigen Anregungen im Hause des preußischen Ministerresidenten Wilhelm von Humboldts. Zahlreiche Büsten, Kopien von Antiken, die Skulpturen „Jason“ und „Mars und Venus“ (Tegel) gehören u. a. dieser Frühepoche an, die mit dem Auftrag eines Grabmals für die Königin Luise in dem von Gentz gebauten Mausoleum zu Charlottenburg abschloß. Mit dieser berühmten Grabschöpfung, die er in Berlin modellierte, sodann in Carrara und Rom in Marmor übertrug, leitete er die Reihe zeitgeschichtlicher Plastiken ein. In diesem verklärten Steinbilde der königlichen Dulderin hat. er der Nation gleichsam ein Symbol der geistigen und sittlichen Wiedergeburt Preußens geschenkt.
In der Zwischenzeit konnte Rauch auch die folgenreiche Verbindung mit dem kunstsinnigen Kronprinzen Ludwig von Bayern schließen, der damals (u. a. Unternehmungen) die Walhalla bei Regensburg durch Klenze erbauen ließ und die Sammlung der Glyptothek in München unter Heranziehung des preußischen Hofbildhauers vorbereitete. Rauchs Blücherbüste von 1815, nach dem Leben modelliert, war mit mehreren Künstler- portraits von ihm für die Walhalla bestimmt. Ihr schlossen sich in Berlin die Statuen der Helden der Befreiungskriege Scharnhorst und Bülow an, die der von Schinkel errichteten neuen Köuigswache einen angemessenen plastischen Rahmen gaben. Dabei wurde der Gegensatz des Taktikers und des Strategen in geistvoller Weise zum Ausdruck gebracht, zugleich die Kostümfrage für derartige Monumente von Rauch hier schon gelöst, indem er an der Uniform zwar festhielt, ihre Wirkung aber durch einen am Rücken und gewöhnlich auch der linken Schulter herabwallenden Mantel modifizierte. Rauch fußte dabei, entgegen dem Standpunkt Thorwaldsens, auf der von Tassaert und G. Schadow begründeten Tradition. Aber während letzterer in seinem heroi'sierteu Rostocker Blücherstandbilde, durch Goethes Rat irrig geworden, den eigenen Prinzipien schließlich untreu wurde, löste Rauch für Berlin und Breslau die Bliicüerdenkmalsfrage im früheren Geiste Schadows. Er knüpfte an das im Volke lebendige Bild des „Marschall Vorwärts“, der im Berliner Werke, den Krummsäbel in der Rechten, das linke Bein auf einer eroberten Haubitze, gleichsam an der Spitze einer Truppe stehend gedacht ist, während er in Breslau, noch temperamentvoller aufgefaßt, der Truppe kühn voranschreitet. Seine antiken Empfindungen pflegte der Künstler stärker in den Reliefs der Denkmals-Postamente zum Ausdruck zu bringen.
Werkstatt und Wohnung Rauchs wurde damals das alte Lagerhaus an der Klosterstraße. Diese einst „das Hohe Haus“ genannte Anlage