Heft 
(1915) 23
Seite
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Ein Beitraar zur Geschichte Nendamms.

Rin Beitrag zur Geschichte Neudamms.

Von Dr. Paul Braun.

Der Zufall spielte mir vor kurzem einen Band alter vergilbter Blätter in Pappe, dessen Rücken und Ecken in Leder gebunden sind, in die Hände, in denen ich bei näherem Zusehen eine Familienchronik erkannte, welche mit dem Jahre 1703 (Bl. la) beginnt, der Anfang ist aber wohl verloren, und mit dem Jahre 1762 (Bl. 14a vgl. auch Bl. 22) endet. Die Blätter erzählen uns von den Leiden und Freuden einer angesehenen Familie der kleinen nenmärkischen Stadt Neudamm, Namens Jahn, deren Glieder Angehörige der Tuchmacherinnung waren, daneben aber auch hohe Stellen im öffentlichen Leben, so im Rate der Stadt, wie auch bei der dortigen Schützengesellschaft bekleideten. Kein Wunder daher, daß wir unter den Familiennachrichten, welche uns über Geburt, Heirat, Tod, ersten Abendmahlsgang der Angehörigen, Einzug in ein neues Haus, Erbschaften etc. Kunde geben, auch Verordnungen, welche die Schützengesellschaft (vgl. Bl. 4a) und das Tuchmachergewerbe (vgl. Bl. 6 u. 7a.) angehen, eingestreut finden, und daß auch wieder auf den letzten Blättern (Bl. 19 ft'.) vom Weben und Färben der Stoffe, wie auch den Preisen der Wolle 1 ) die Rede ist. Auch hier, wie dies ja auch sonst in Familienchroniken der Fall ist, finden wir neben Preisverzeich­nissen von Lebensmitteln (Bl. 12b u. BI. 22a) am Ende Hausmittel, Rezepte gegen allerlei Krankheiten (BI. 14b f.) aufgezeichnet, an welche sich wieder Angaben über die Herstellung eines Gläschens guten Branntweins, verschiedener Aquaviten und Lebenselixiere anreihen, welche besonders für Freunde eines guten Tropfens von Interesse sein dürften. (Bl. 15b ff ). Weit wichtiger aber ist das, was wir aus diesen Blättern über das Wohl und Wehe Neudamms im 18. Jahrh. erfahren, das im April 1725 mit Pallisaden versehen wurde, die mit den drei Torhäusern dem König auf 3000 Thlr. zu stehen kamen, und im Juni 1742 z. Z. des ersten schlesischen Krieges Garnisonstadt unter Oberstleutnant von Winterfeld wurde. (Bl. 8b. Siehe das. auch die Kosten des Militärs).

Blieb Neudamm im 2ten schles. Krieg, in dem die Einwohner im Aug. 1745 sich mit ihrem Hab und Gut hinter die Mauern der Festung Küstrin geflüchtet hatten, (Bl. 4a) auch von den Schrecken des Krieges verschont 2 ), so anders im 3., dem 7jähr. Krieg, in welchem der 10. Aug. 1758 zu einem dies ater in seiner Geschichte wurde. Hatten die Magistrats­behörden schon am Vormittag gegen 11 Uhr gegen Zahlung von 500 Thlr. «in den russischen Kommandeur in Soldin das Einrücken eines russischen

*) Erwähnung verdient wegen seines Stiles ein sieh Bl. 9a findender Wechselbrief, der am 1. Januar 1757 eingelöst worden ist.

*) Bekanntlich suchten schon damals die Gegner Friedrichs des Großen die Kaiserin Elisabeth von Rußland zur Teilnahme am Kriege zu bewegen.