Heft 
(1915) 23
Seite
149
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Zur Beiiedlnsgsgeschichte der Provinz Brandenburg im 12. Jahrhundert, 149

als selbständiges Stallgebäude darbot. Dieses hatte hinter den Kühen eine gemauerte Vertiefung bis zu l/ a m, in die der Mist hineingekehrt wurde und bis Lichtmeß liegen blieb Die Kühe standen bei dieser offenbar schon nicht mehr ursprünglichen Einrichtung auf dem Trocknen, und nicht auf dem Mist selber. Gerade^die nur teilweise Anlage eines Hotstalles in einem besonderen Stallhause, das doch Raum genug für die Einsenkuug des ganzen Stalles bot, zeigt, daß die Einrichtung einem anderen Haustypus entnommen und als fertiges Ergebnis übertragen sein mußte. Als dieser Haustypus kommt das Altsachsenhaus umsomehr in Betracht, als das letztere einst auf niederländischem Bodeu ein größeres Ausdehnuugsgebiet eiunahm als heute. Bei dem Altsachsenhause erlauben die Seiteuställe, die Kiibbungen, die durch eine kojenartige Abtrennung der Kuhstände an und für sich beengt waren, keine Vertiefung des Ganzen, weil der Mist sich dann nur mit Schwierigkeiten entfernen läßt. Man ist ihrer dadurch Herr geworden, daß man die Mistgrube laufgang­artig hinter den Ständen anlegte, von wo er leicht durch Fenster herausgeschafft werden konnte.

Heute zeigen dieson rinnenartigen Potstall (aber ohne diese Be­zeichnung) nur noch sehr alte Häuser in Oldenburg und Hannover. Und der Mist bleibt auch nicht den ganzen Winter über in der Grube, sondern wird in jeder Woche entfernt. Aus dem Artlande, im südlichen Teil des Regierungsbezirks Osnabrück, wird aber noch berichtet, daß er einst den Winter über lagerte. 1 ) Daß die Eintiefung des sächsischen Hauses auch im Münsterlande nicht fremd war, geht aus einerAn­weisung zur Verbesserung des Ackerbaues und der Landwirtschaft des Münsterlandes hervor (bei Lindner S. 693), nach der die Haussohlen nicht im Grunde liegen sollen und man nicht in den Grund hineinbauen soll, wie es die Alten taten, um wind- und wettergeschützt zu sein.

Die gleiche Anlage eines Potstalles findet sich nach Rhamm 2 ) weiterhin tief in der holländischen Provinz Drenthe, dem zwischen der Ems und der Siidersee, südlich der Provinz Groningen und nordwärts der Provinzen Gelderland und Overyßel gelegenen Gebiete. Der er­wähnte, von Meyer veröffentlichte und von Rhamm wesentlich genauer gegebene Grundriß stammt aus Staphorst, östlich von der Südersee, in Overyßel gelegen. Ähnliche sollen nur noch in der Nachbarschaft, in Rouveen und in Friesenveen bei Almelo Vorkommen, während die Drenther Häuser wie die altsächsischen eine Rinne hinter den Ständen haben; doch stehen die Tiere noch wochenlang aul dem Mist, bevor ei in die Rinne gefegt wird. Also auch der Stall ist ein wenig vertieft und zeigt

9 Lindner inBeiträge zur Geschichte des westfälischen Bauernstandes, heraus­gegeben von Frhrn. v. Kerckerinck zur Borg. Berlin 1912 8. 694f.

2 ) C. Rhamm. Ethnographische Beiträge zur germanisch-slawischen Altertums­kunde. Braunschweig 1908 II. L Bd. S. 33.