Heft 
(1915) 23
Seite
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Znr Be»ie<ilun(fsgeichichte der Provinz Brandenburg im 12. Jahrhundert. 151

IW Grubenstall ist indessen auch sehr alt. Das geht schon daraus hervor, daß er sich auch in Tirol erhalten hat und hängt mit der alt- germanischen Sitte zusammen, den Mist nur ein- oder zweimal im Jahre auf die Felder zu fahren. In Tirol finden sich vertiefte Ställe vorwiegend im oberen Inntale und in Verbindung mit einem Streubau, der in ein hohes Alter zurückgeht *) Sicher ist diese Bauweise nicht fränkisch, sondern geht in eine Vorzeit zurück, in der die Bewohner des Inntales noch mit den nördlichen Germanen Berührung hatten, in der wenigstens die Franken noch nicht diesen Sammelnamen der verschiedensten West­germanenstämme führten. Die salischen Franken haben dann den Grubenstall herausgebildet und als Potstall (wohl ein verhältnismäßig junges Wort) erhalten, während er bei den ripuarischen Franken durch den Einfluß des Berglandes, das ihnen zunächst den alten Einbau zu einem Streubau wandelte, zu einer viereckig fest ummauerten Grube außerhalb des Hauses wurde. Die Sachsen und die Bajuwaren in Tirol, die übrigens noch vielfach an dem Einbau festhalten, sind bei dem Bangstall mit Kinne geblieben, wenn auch die Ausbildung sich im ein­zelnen anders gestaltet hat.

Für unseren märkischen Grubenstall ergibt sich mit hoher Wahr­scheinlichkeit, daß er aus Brabant und dem benachbarten nördlichen Rheinlande stammt. Damit erklärt sich auch eine Eigentümlichkeit des Dielenhauses, die aus seiner Herkunft aus dem Altsachsenhause nicht ganz zu erklären war, nämlich die Verschiebung des Kuhstalles an das Ende des Hauses. Wenn wir nun aber als den unmittelbaren Vorläufer unseres Hauses einen Einbau annehmen, bei dem die typische Ge­schlossenheit des Altsachsenhauses sich noch nicht durchgekämpft hatte, dann können wir ihn nur bei den Salfranken vermuten. Uber seine Einrichtung ist nicht viel bekannt; wir können sie nur aus den Gesetzen erschließen und allenfalls noch nach Rhamms Hinweisen den Einbau der Zipser Bauern im nördlichen Ungarn heranziehen, die im 12. Jahr­hundert vom Niederrhein nach ihrer gegenwärtigen Heimat gewandert sind. Sicher ist aber, daß der Stall, der übrigens in der Zips nicht als Grubenstall bekannt ist, 2 ) nicht in demselben festen Verhältnisse zum Einbau stand wie im sächsischen Hause Es würde sich aus dieser Herkunft die Lage des Stalles am Ende des Hauses einigermaßen er­klären. Darüber hinaus aber gewänne das märkische Dielenhaus eine sichere Stellung in der Entwicklungsgeschichte des deutschen Bauern­hauses, eine Stellung, die ihm einen großen Wert in der Hausforschung gibt, weil wir hier einen Haustypus aus einer fiühen Zeit vor Augen haben, in der sich die stammesartlichen Typen erst zu festigen begannen.

*) Rhamm. A. a. ü. S. 960.

2 I Fuchs in den Mitt. der Anthropol.

Gesellschaft, Wien XXIX S. 1 f.