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Gottfried Arnold.
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es von seinem Lehrer nicht besser gesehen.“ Mit Ernst und Eifer widmete er sich der Gemeindeptlege. Mit Wort und Schrift bekämpfte er Sonntagsentheiligung und Trunksucht und das Übermaß schwelgerischer Gelage bei Tag und Nacht, die in wüsten Straßenlärm, wilde Raufereien und „heidnische Ruchlosigkeiten“ ausarteten. „Ein jeder rette darin seine Seele und helfe dein großen Verderben steuern, weil es noch Zeit ist“. Auch „dem siindlichen Schlafen unter den Predigten“ rückte er mit einer Ermahnung von der Kanzel zu Leibe. Zur Erfrischung soll man dann und wann vom Platz aufstehen, oder, wer eine Bibel besäße, möge sie mitbringen; auch könne man sich bei ihm unentgeltlich ein Ein- leitungsbüchleiu zu Luthers Katechismus holen. Sorgfalt wandte er auch dem Schulunterricht und der Katechisation der Kinder und ihrer Vorbereitung für die erste Kommunion zu, und für die Erwachsenen hielt er des Sonntags Betrachtungen über Arnds „Wahres Christentum“. Statt der geringen Zahl auswendiggelernter Lieder sollen in der Kirche mehr Lieder gesungen werden, die vom Prediger auszuwählen und vom Küster anzuschreiben sind. Endlich sollen in der Schule mehr Sprüche gelernt und mehr biblische Bücher — griechisch und deutsch — gelesen werden. Auch Arnolds literarische Arbeit geschah für die Gemeinde. Ihr gab er Eibauungsschriften heraus, wie Thomas a Kempis, ihr verfaßte er Evangelien- and Epistel-Postillen, schrieb über die Psalmen, die Weisheit Salomos und andere biblische Bücher. Unter den zahlreichen Werken aus früheren und späteren Jahren muß das bereits in Allstädt begonnene Buch „Die geistliche Gestalt eines evangelischen Lehrers“ genannt werden, worin man wieder die tiefe, gewissenhafte Auffassung des Seelsorgeramts gewahrt bei einem Manne, der sich einst so ablehnend dagegen verhalten hatte und nun völlig darin aufzugehen wußte. „Wem selbst der neue Leib mangelt, von dem können nicht Ströme auf andere fließen.“ »Ein Haupter- fordernis des evangelischen Lehrers ist die Demut, „die wahre, unge- heuchelte Niederträchtigkeit, zumal viel \ erlockung zum geistlichen Hochmut vorhanden ist.“ Auf seine frühere eindringende Gelehrtentätigkeit, die seiner Eigenart so angemessen war, griff er zurück in seiner »Lehre von der Führung und Verwaltung des geistlichen Amtes nach dem Sinn-Exempel der Alten“, einem Werk, das durch die Fülle von Zitaten aus den Kirchenvätern und Mystikern besonders wertvoll ist. Seine Meisterschaft im Kirchenlied ist bekannt, noch heut enthält das Gesangbuch eine Anzahl seiner Lieder, wie das kräftige „0 Durchbrecher aller Bande“ und So führst du doch recht selig, Herr, die Deinen“. Die Gemeinde lohnte aber auch ihrem Oberpfarrer seine treue, hingebende Fürsorge durch Dankbarkeit und Liebe. Leider haben die Kämpfe und Unruhen, sowie seine rastlose Tätigkeit Arnolds Wirken vorzeitig ein Ziel gesetzt. Seines Lebens Wonne, seine beiden Kinder, entriß ihm jäh
jJLu.