14. (6. ordentliche) Versammlung des XXIII. Vereinsjahres. 177
von den Heeren der verbündeten Japaner und Engländer eingeschlossen. Inzwischen ist der Ort nach heldenmütiger Gegenwehr gefallen und von den Japs besetzt. Nach hierher gelangten Nachrichten haben die in Handelsgeschäften klüglich überlegenden Sieger Herrn Offermann ruhig in seiner Stellung als Beamter bei der Deutsch-Asiatischen Bank in Tsingtau-Kiautschou belassen. — Über Herrn Solger ist bisher bei seinem Vater dem Geh.-San.-Rat Dr. Solger leider nichts zu erfragen gewesen. Herrn Prof. Solgevs Bruder, der Militärattache bei der Gesandtschaft in Tokio war, hat man japanischerseits vor Ausbruch der Feindseligkeiten einen nicht mißzuverstehenden Wink gegeben, so daß er sich rechtzeitig hat entfernen können. Sollte unser Freund Solger in die Hände der Japaner gefallen sein, so wird er zweifellos anständig (jedenfalls besser als es Russen, Engländer und Franzosen ihren Kriegsgefangenen gegenüber häufig getan) behandelt werden.
Zur Kriegschronik teilt unser Ausschußmitglied Graf von Schließen (Befehlshaber der Artillerieabteilung zum Schutze des russischen Kriegsgefangenenlagers, bis jetzt ca. 10 000 Mann, Gemeine, Unteroffiziere und Sergeanten) verschiedenes Interessante mit. Auf einer Postkarte sehen wir vor dem Kaufhaus von Georg Kühne zu Halbe, Kreis Teltow, die braven Landsturmmänner, Infanteristen, die ebenfalls den Bewachungsdienst in dem bei jenem Dorf belegenen Kriegsgefangenenlager ausüben. Ferner die ansehnlicheKirche mit dem schmucken neuen Pfarrhaus und den Bahnhof. Graf Schlieben teilt u. a. den Speisezettel der Häftlinge mit, von denen es Tausende hier ungleich besser als in Rußland haben. Außerdem niedliche Holzschnitzereien, Tauben, bei den Russen als Symbol des Heiligen Geistes verehrt, und aus kleinen Holzstäbchen sinnreich hergestellte Schüsseluntersätze. Ähnliche Holzschnitzereien waren in diesem Frühjahr zu sehen auf der hierselbst seitens des deutschen Lyzeumsklubs bei A. Wertheim veranstalteten russischen Volkskunstausstellung.
U. M. Prof. R. Mielke bemerkt dazu, daß ihm ähnliche Holzschnitzereien aus Masuren, Brandenburg und Braunschweig bekannt seien.
Ferner übersendet Graf Schlieben zwei französische stählerne Fliegerpfeile, wie sie von den Franzosen aus Flugfahrzeugen geschleudert werden. Sie haben eine große Treffkraft und können buchstäblich Roß und Reiter glatt durchbohren. Das eine Modell ähnelt einem runden Bleistift, das andere hat vier Längsrillen. Ein medizinisches Mitglied bemerkt, daß ihm ein 3-Modell mit flügelartiger Verbreiterung, das sehr gefährliche Wunden bringen könne, bekannt sei und daß dem Vernehmen nach Flieger-Wurfpfeile auch bereits deutscherseits bei Krupp angefertigt würden.
Zu den Seltsamkeiten des Krieges gehört es, daß unter den russischen Gefangenen sich solche befinden, die in der Mark sehr gut Bescheid
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