Michael-Kohlhas-Dramen.
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Tendenzen. So spiegelt sich kaleidoskopartig Kleists innere Entwicklung im Kohlhas, der der „rechtschaffenste und entsetzlichste Mensch“ seiner Zeit war. Ein Charakter ist nach seiner Grundeigenschaft zerdehnt, die Absonderung und Steigerung einer Tugend, des Rechtsgefühles, ist in ihrem Werden und in ihren Folgen dargestellt. Die Handlung der Charakternovelle ist in markanter Prägung auf drei Personen verteilt, auf Kohlhas, Wenzel und Luther; über die Grundlinien dieser Charakternovelle schiebt sich die soziale Novelle: der private Kohlhasstreit erweitert
schön «ml jung, hatte sie dennoch aus Liebe zu ihreu Brüdern, um ihr Krbe nicht zu verkürzen, jeder weiteren Verbindung entsagt und weist, deshalb den Antrag Friedrichs von Trotta, der die schöne Witwe liebt und nicht minder von ihr geliebt wird, standhaft zurück und beschließt, ihre ferneren Tage in geheiligten Mauern zn verleben. Das Opfer, welches sie ihren beiden Brüdern darbringt, war groß, aber noch größer ihr Erstaunen, als diese in den 8aal traten, Littegarden von der Brust ihres Vaters rissen und sie einer gemeinen Dirne gleich behandelten. Der kranke Vater nimmt sich seines unglücklichen Kindes an; da erklären trotzig die Brüder, Graf Jakob habe vor des Kaisers Gericht ausgesagt, daß er in der Nacht, in welcher Herzog Wilhelm ermordet worden, mit Littegarden ein Stelldichein im gräflichen Garten gehabt habe. Littegarde hätte sich ihm mit einem Ringe verlobt. Dadurch hielten die Brüder von Schroffenstein ihre Ehre beschimpft, dem Vater aber, der ohnehin krank und schwach sei, raubte dieser schimpfliche Verdacht das Leben. Littegarde, von ihren Brüdern verstoßen, und sich ihrer Unschuld bewußt, fleht Friedrich von Trotta an, sich ihrer in dieser verzweiflungsvollen Lage anznnehmen.
Friedrich tritt mit ihr vor die Schranken des Kaisers, fordert den Verleumder zum Gottesgericht und wird im Zweikampfe besiegt. Graf Jakob wird freigesprochen, Friedrich von Trotta aber mit Littegarden zum Feuertode verurteilt. Nun geschah es aber, daß während des Zweikampfes Friedrich von Trotta tödlich, Graf Jakob aber nur leichthin verwundet wurde. Trotzdem genaß Friedrich in kurzer Zeit, wahrend die Wunde des Rotbartes sich so verschlimmerte, daß die Arzte sogar sein Leben für verloren hielten. Der Tag der Hinrichtung Friedrichs und Littegardens war bestimmt; da erscheint ein Bote des Rotbartes mit der Nachricht, daß Littegarde unschuldig und er selbst von Littegardens Kammerfrau (welche mit ihm ohne Wissen ihrer Herrin die Zusammenkunft hatte und die er für Littegarden hielt) getäuscht wurde. Friedrich und Littegarde werden befreit, Graf Jakob aber stirbt, nachdem er vorher den Meuchelmord an Wilhelm bekannt hatte.
In derselben Zeitschrift (Nummer vom 8. April 1839) meldete eine Prager Corre- spondenz vom 19. März desselben Jahres: „Littegarde hat uns nicht.sehr zur Bewunderung hingerissen; Mad. Birch-Pfeiffer hätte sich das Stück mit Wohlgefallen angesehen, stolz darauf, daß auch sie eine Schülerin gefunden.“ Auch Rudolf Glaser hatte in der Prager Zeitschrift Ost und West 1839, Nr. 17 nur ein absprechendes Urteil über das Stück: es ist „ein gewöhnliches Ritterspiel ohne höheren poetischen Wert“. Die Handlung sei zu einfach für das Drama, die Figuren seien alle schon fertig und keine entwickle sich; das einzige, was zu loben sei, wäre die „kräftige, reine, teils freie, teils gebundene Sprache,“ die Versproben zeugen von einem „talentvollen Nachempfinden.“ — Julius Grosse 1828/1909), hat in seiner Münchener Zeit, 1868, „eine ganze Reihe von Plänen für das Theater ins Auge gefaßt, u. a. eine Dramatisierung der prächtigen Kleist’schen Novelle Ein Zweikampf“ /vgl. Ursachen und Wirkungen {Lebenserinnerungen], 1896, S. 429 ; wie mir Grosse's in München lebende Tochter mitteilte, hat sich von dieser Absicht in seinem Nachlasse keine Spur und kein Niederschlag vorgefundeu.
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