Heft 
(1916) 24
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Miohael-Kohlhas-Dramen.

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machte Kleist einen Roßhändler; Pniower hat nachgewiesen, daß Kleists Darstellung ganz zweifellos auf der genauen Kenntnis eines fixierten Berichtes beruhte; Kleist gab der Affaireein größeres Format,indem er die Vorgänge von stärkerer historischer Bedeutung sein läßt, als sie in Wahrheit waren. Im Anschluß an Emil Kuh zeigt Pniower die drei Berichte über die Geschichte des Mordbrenners auf, die Kleist befragt hat, die er aber so bereicherte, daß man seine Erzählung als ein Phautasiegemälde betrachten kann. Seine Hauptquelle war die Darstellung des Berliner Chronisten Peter Hafftiz; für die Benutzung der Überlieferung des Balthasar Mentz sowie von Leutingers Bel icht in seinen Commentariis de Marchia et rebus Brandenburgicis sprechen verschiedene Momente. Zu der Umänderung des Straßenräubers in einen Kriegshelden gab Leutiuger den Anstoß, ebenso zur Einführung der überirdischen Eingriffe in den Gang der Handlung.

Diese Abhängigkeit von der Überlieferung hat Kleist durch den Zusatz:Aus einer alten Chronik ausdrücklich schon auf dem Titelblatte seiner Novelle betont; so ist es erklärlich, daß der erste der Epigonen, der das Wagnis unternahm, diese Novelle Kleists zu dramatisieren, von der geschichtlichen Tradition ebenso beeinflußt war wie von dem Werke, das ihm zum unmittelbaren Anlaß seiner Arbeit wurde. Im Berliner Verlage von Theod. Christ. Friedr. Enslin erschien 1828 das fünfaktige historisch-vaterländische Trauerspiel Hans Kohlhas von Gotthilf Aug. Freih. v. Maltitz (1794/1837 4 ), das schon im Titel den wahren Namen des Helden wieder aufnahm, den Kleist wegen der Parallele mit dem Erzengel in Michael verwandelt hatte. Die Buchausgabe ist mit einem Kupfer geschmückt, welches den Kohlhas inmitten der rauchenden Trümmer der von ihm zerstörten Junkerburg Melaun darstellt; sie ist geweihtder stillen Thräne aus dem Auge einer edlen Fürstin, der auch die Widmungsstrophe gilt:

4 ) Die soviel ich feststellen konnte erste Aufführung des Maltitzschen Stückes fand am 28. März 1827 im Kgl. Schauspielhause zu Berlin statt; es ist damals wesentlich nur ein Darstellungserfolg zu Stande gekommen, an dem Rebenstein, Beschort, Eduard und Ludwig Devrient in erster Linie beteiligt waren.Wegen der günstigen Anfnahme des Stückes brachte dann Anfang April die Vossisohe Zeitungden wahren Hergang der Sache nachHaftiz Chronik; der Freimüthige hatte (1827, S. 217) ausdrücklich versichert, daß das Stück von Maltitz nicht nach Kleist gearbeitet sei, sondernsich auf die besten vorhandenen historischen Quellen stütze, deren Inhalt in Nr. 69/70 ausführlich berichtet wird. Die literarische Kritik stand dem Stücke sehr absprechend gegenüber; so nannten es die Blätter für lit. Unterhaltung vom 29. April 1829eine unendlich flüchtige und nicht wenig verfehlte Arbeit; Kohlhas wird zum Räuber und Mordbrenner auf nicht halb so mächtige Motive hiu wie in der Novelle. Von dem Bühnenrundgang des Maltitzschen Trauerspieles kann ich nur Leipzig nennen, wo es auf allgemeines Verlangen am 20. Februar 1829 gegeben wurde, und Dresden, wo es erst am 25. November 1835 z. 1. M. in Scene ging; eine bedeutendere schauspielerische Gestaltung ist mit keiner der Figuren des Stückes verbunden.