Michael-Kohlhas-Dramen.
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Charakter des Helden: Ising verwandelt den von Kleist in seiner ganzen Furchtbarkeit geschilderten Rechtskämpfer in den Typus des trotzigen Biedermannes von gut bürgerlichem Durchschnittscharakter. Nur wider Willen tötet er beim Überfall auf die Burg den Knappen des Junkers — er entsetzt sich und rast, daß er zum Mörder geworden; einer seiner Kampfgenossen berichtet: Ein Bube warf Feuer in das Schloß . . .
. . erst auf diese unfreiwillige Zerstörung der Burg folgt — zwischen dem dritten und dem vierten Akte — die Mission von Kohlhas’ Frau mit dem traurigen Ausgang. Ihr Tod wirkt nicht erhärtend, sondern dem Geiste des Rührstückes entsprechend, erweichend auf sein Gemüt: er entläßt jetzt schon seine Bande und schickt dem Junker seine Frau, die er gefangen genommen hatte, zurück. Da er der Sterbendpn versprochen, das Abendmahl zu nehmen, wendet er sich an Luther.
2. Knecht: Das ist ein ganz entsetzlich kühner Mann!
Wie schlug er ihn mit seinem Wort zu Boden!
1. Knecht: Das war eine Predigt! Hu, mir saust es noch Im Ohr! Rad und Galgen und Verdammnis! !
2. Knecht: S’ist grausig! Du, ich rette meine Seele,
Ich laufe weg ... ich geh’ nach Wittenberg . ..
Und führ’ die Nacht den Hauptmann mit den Seinen Ins Lager ...
1. Knecht: Was? Du Schuft! willst uns verraten?
(Will den zweiten greifen, er entrinnt ihm ... der andere läuft ihm nach I (Luther und Kohlhas treten wieder ein)
Kohl: Ich war, sagt Ihr, nicht verstoßen, war Nicht ansgeschieden ans der menschlichen Gemeinschaft ... ? ...
Luther: Mensch! welch’ blinde Raserei Ergriff Dich? Ansgestoßen sagst Du? wer Denn ist’s? der Dich verstoßen als Du selber?
Kohlh: Hochwiird'ger Herr! verstoßen heiß ich den,
Dem der Gesetze Schutz und Schirm versagt wird!
Luther: Wer hat ihn Dir versagt? Der Landesherr?
Sag’ ich Dir nicht, er hat von Deiner Sache Kein einzig Wort gewußt, hat Deinen Namen Niemals gehört! ist eine Bank von Schergen Und Filrstendienern Deine Obrigkeit?
Wenn die durch arge Ränke Dich betrogen Und Deine Klag’ und Bittschrift unterschlugen,
Mußt’ Du Dich drum am stillen Bürger rächen?
Kohl: Dem Fürsten selber hab' ich ja geschrieben — — —
Mein treues Weib kam sterbend wieder, das War alles, was ich könnt" erhalten! ! Doch Ich will nichts weiter sagen, hab’ ich nur Euch überzeugt, daß ich kein Unrecht wollte!
Glaubt mir, Hochwiird'ger Herr, erlang ich noch Mein gutes Recht, so leg' ich augenblicklich Die Waffen nieder, denn ein Frevler war ich,