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Paul Alfred Merbach.
Klage durch des Junkers Gevatternschaft niedergeschlagen . . . selbst der Zug ist übernommen, wie Kohlbas seinen siechen Knecht ins Bad geleitet und dort die Fürsprache des Stadthauptmannes von Geusau gewinnt. Lisbeth läßt Prölß nur durch die Frau des Küchenmeisters — ohne also die Andentnng Kleists von früheren Beziehung desselben zu Kohlhas’ Frau aufzunehmen und auszuführen — über den Zutritt zum Kurfürsten unterrichtet werden. Ein Zug in Kohlhasens Seelenstimmung wird gut herausgearbeitet, den Kleist auch nur ahnen läßt; während Lisbeths Reise überkommt den zur Selbstracbe schon halb entschlossenen Roßkam ein verdächtiges Gefühl: „Manchmal gelüstet
mich’s fast, daß sie abgewiesen werde!“ Und an'ihrer Bahre: „Ha,
wenn sie mir nun über diese Leiche hinweg die dürftige Genugtuung böten — es machte mich wahnwitzig — Nein! Gottlob!! Nein!!“ Auch aus den Vorbereitungen zum Überfall der Burg klingen etliche selbständige Laute, die vielleicht auf eine leise Andeutung bei Ising zurückgehen. Der Junker lacht, als Kohlhas ihm eine „Sentenz“ zuschickt . . . „wie der Vorsitzende der heiligen Felime“ .. die Sentenz beruft sich ausdrücklich auf das Recht der Natur. Daß bei Kleist ein Teil der Bürger von Wittenberg die Auslieferung des Junkers verlangt, erweitert Prölß zu einem Sympathisieren mit Kohlhas auf offener Scene ... er tritt leibhaftig unter sie: „Für Euch, für Eure heiligsten Güter ist ja dies
Schwert mit erhoben“; entfernte Berührungen mit Karl Moor lassen sich hier leicht erkennen, auch die Grundgedanken des Götz sind nicht ohne Wirkung auf die innere Gestaltung des Stoffes bei Prölß geblieben. Freilich der Begegnung Kohlhasens mit Luther ist er nicht gerecht geworden; die Begegnung der Beiden wird eine rein zufällige . . . neben zahlreichen Anklängen in Einzelheiten und Nebensachen, die hier wieder auf Kleist w r eisen, folgt die entscheidende Antwort: er kämpfe nicht um seiner Einbuße, sondern um seines Rechtes willen; auch hier überwindet sich Kohlhas. Einer Befreiung arbeitet er selbst entgegen: „Ich müßte von mir selber abfallen, könnte ich anders“, doch wird ihm die Gewißheit voller Gerechtigkeit durch schriftliche Ausfertigung des gegen den Junker und die ungerechten Richter ergangenen Urteils; auf die wieder herausgefütterten Pferde, die Kleist den Blicken des Sterbenden zeigt, verzichtet Prölß wohl aus Rücksichten auf die praktische Bühue ) deren Möglichkeiten und Anforderungen er andererseits durch die Ausdehnung auf sechs Akte und durch die fast restlose Ausschöpfung der episodenreichen Quelle fast übersteigt. 7 ). Auch A. L. Schenk (1832 79)
7 ) Da» Stück von Prölß, dem schon die zeitgenössische Kritik die „liebevolle Hand eines geübten Dramaturgen“ wünschte, ward am 15. Dezember 1863 im Hoftheater zu Dresden uraufgefilhrt. — — Herr Geheimrat Dr. K. Zeiß, der artistische Leiter des Dresdener Hofschauspiels, hat mir in freundlichster Weise das Regiebuch dieser Aufführung zur Verfügung gestellt, wofür ich ihm auch an dieser Stelle herzlich danke.