Heft 
(1916) 24
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E. Friedei, Benjamin Kaule und Raules Hof.

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an die Erzählung, er behielt sogar die Zigeunerin und ihre Wahrsagung hei und suchte manche Partien durch einen stark sentimentalen Einschlag zu verstärken. Holzer und Geyer hätten, wie W. v. Scholz angedeutet hat, den ganzen Konflikt dramatisch vereinheitlichen müssen, es war nötig, ihn aus einem einzigen, tiefen, in der Rechtsidee selbst liegenden Motiv des Mißlingens der eisten Versuche des Kohlhas herbeizuführen; auch ist das Schwachwerden des Helden vor Luther zwar episch schön, stellt aber dramatisch fast eine Vernichtung des Kohlhas dar.

Daß Kleist es den Epigonen überließ, so um die dramatische Form dieser Erzählung zu ringen, beruht wohl darauf: er hat der Breite des vorhandenen Stoffes, in dem sogleich große epische Reize ins Auge springen, gegenüber die gewisse Erfurcht vor der Wirklichkeit empfunden, die ihm die zum Drama nötigen Umbildungen innerlich unmöglich machte, er ist von der Breite des Stoffes, seiner echt epischen Steigerung, der episch in ihm enthaltenen Evidenz des Problemes angezogen worden. Vielleicht aber war ihm auch klar, daß der dramatische wenn auch in der Zeichnung etwas verschwommenere Bruder des Kohlhas in Karl Moor längst auf den Brettern stand.

Benjamin Raule und Raules Hof

von E. Friedei.

Die baulichen Veränderungen, die in dem Friedrichs-Werderschen Triangel Berlins fiskalischerseits allerdings für eine günstigere Finanz­periode geplant sind sowie der in Abgeordneten- und Marine-Kreisen geäußerte Wunsch, der Unterzeichnete möchte sich über Raules Hof, die Erhaltung und Verwendung der dortigen verschiedenen, wenig über­sichtlichen Baulichkeiten namentlich auch über die Verwendung von Raules Hof für ein historisches Brandenburgisch-Preußisches Marine-Museum äußern, haben zu der nachfolgenden Untersuchung und Darstellung geführt.

Friedrichs-Werderscher Triangel heißt seit alter Zeit das Drei­eck, das von der Holzgarten-, Adler- sowie Unterwasserstraße und an der Spitze von Raules Hof und der Alten Leipziger Straße begrenzt wird. Eigentlich sind es zwei aneinander geschobene Dreiecke: ein gleichseitiges an der Holzgartenstraße und ein sehr spitzwinkliges an der Unterwasser­straße, beide getrennt durch einen Abzweig der in der Mitte geknickten Adlerstraße. Die Grundstücke und teilweise die Häuser rühren aus der Zeit von 1650 bis 1660 her, als das Stadtprivilegium am 19. November 1660 erteilt wurde. In dem neuen Stadtteil standen etwa 100 Wohnhäuser,

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