Heft 
(1916) 24
Seite
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Die liturgischen Drucke des Bistums Lebus.

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den Bischofssitz inne hatte, und dieser ließ es nicht eher zur Ausgabe gelangen, als bis er durch Beifügung der Vorstücke, die sein Wappen tragen, seinen persönlichen Anteil an der Veröffentlichung zum Ausdruck bringen konnte. Inzwischen hatte die Lübecker Werkstätte, in der die Hauptstücke des Missale gedruckt waren, ihre Tätigkeit eingestellt, und so mußte er einen anderen Meister für den Ergänzungsdruck in Anspruch nehmen, wobei seine Walil auf den Konrad Kachelofen in Leipzig fiel. Ich möchte übrigens in diesem letzten Umstande noch ein weiteres Moment finden gegen die Annahme, daß Moritz Brandis das Breviarium gedruckt hat. Moritz Brandis war nämlich in Magdeburg noch bis 1500 gerade als Drucker von Brevieren und Missalien tätig, und es wäre schwer zu erklären, warum nicht er, sondern Kachelofen mit der Ver­vollständigung des Missale Lubucense betraut wurde, wenn er doch das Breviarium hergestellt gehabt hätte.

Meine Annahme über die Entstehung des Missale findet nun wiederum in dem Breviarium eine wesentliche Stütze. Jetzt ist es erwiesen, daß bereits Ludwig von Burgsdorf und durchaus nicht erst, wie Wohlbrück glauben machte, Dietrich von Biilow es gewesen ist, der sich um die Drucklegung der liturgischen Bücher für die Diözese Lebus bemüht hat, und es ist weiter sehr wahrscheinlich gemacht, daß Ludwig von Burgs­dorf sich zu diesem Zwecke nach Lübeck gewendet hat. Wenn wir also ein Missale Lubucense finden, das, ohne eigene Angaben über seinen Ursprung zu machen, aus typographischen Gründen einer Lübecker Druckerei zugesprochen und um das Jahr 1490 angesetzt werden muß, so dürfte das wohl eher auf eine Anregung des Ludwig von Burgsdorf zurückzuführen sein, als auf einen Auftrag des Dietrich von Bülovv, der bis zu seiner Nominierung den Angelegenheiten des Bistums ganz fremd geblieben war, und auch nachher als kurfürstlicher Rat noch jahrelang am kurfürstlichen Hofe blieb und sich um sein geistliches Amt zunächst sehr wenig bekümmert zu haben scheint. Dieses ursprüngliche Missale kann recht gut nur aus den beiden Hauptteilen für den Winter- und Sommer-Gottesdienst und dem Kalender bestanden haben. Auch andere Diözesan-Missalia haben gelegentlich die Sequenzen nicht enthalten, auch kommt es z. B. gerade bei Konrad Kachelofen vor, daß der Kanon nicht gedruckt, sondern zur handschriftlichen Einfügung Vorbehalten bleibt. Ausgeschlossen ist es ja auch nicht, daß der Kanon mit dem Crucifixus des Bartholomäus Gothan von Anfang an für das Missale bestimmt, aber nur eben in dem einen der drei überlebenden Exemplare erhalten ge­blieben ist. Zu seiner Giltigkeit bedurfte aber das Missale der bischöf­lichen Approbation, und da Bischof Dietrich erst nach einigen Jahren Gelegenheit und Muße fand, sich eingehender mit den Angelegenheiten seines Sprengels zu befassen, war das alte Missale liegen geblieben und genügte in seiner damaligen Form den Wünschen des neuen Seelenhirten