Heft 
(1916) 24
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5. (3. außerordentliche) Versammlung des XXIV. Vereinsjahres.

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1911 erließ die Kirchengemeinde Pankow, die auch heute noch eine Gemeinde mit 3 Gottesdienststätten (2 Kirchen und 1 Aula, sonn­täglich 5 Gottesdienste) ist, einen mit 5000 M. dotierten Wettbewerb zur Erlangung eines dem neuen Ortsbilde entsprechenden Kirchenbauentwurfs. 5 Architekten gingen mit 3 Entwürfen als Preisträger daraus hervor, darunter Regierungsbaumeister a._D. Walter Koppen, dessen mit dem 2 Preise bedachter Entwurf dem Neubau zugrundegelegt wurde. Als Platz wurde die Gartenanlage der Lindenpromonade gewählt, wo früher eine Ziegelei gestanden hat. Die Architektur innen und außen ist der heimischen Bauweise Altberlins und Potsdams angepaßt (Zeit Friedrichs des Großen, Potsdamer Garnisonkirche, ein Stil, den man geradezu als den preußischen bezeichnen kann, denn noch heute verraten z. B. Ans­bach und Bayreuth durch diesen in ihnen vorherrschenden Stil ihre einstige Zugehörigkeit zu Preußen). Als Zentralbau ist die Kirche mit einem Kanzelaltar versehen nach Art der Altäre der evangelischen Kirchen des 18. Jahrhunderts. Irn Schiff und auf einer umlaufenden Empore befinden sich etwa 1000 Sitzplätze, die so angelegt sind, daß man den Kanzel­redner überall sehen kann. Dadurch aber hat die Kirche die möglichst lauggestreckt rechteckige Form, die sich zur Rednerkirche am besten eignet, verloren und mehr quadratige Form gewonnen, die nun nach Art der Predigermörderinnen, wie Luther solche Kirchen genannt hat, eine sehr langsame und scharfe Aussprache beim Sprechen verlangt, dagegen für musikalische Darbietungen vorzüglich ist. Besonders be­wundert wurden die sehr schöne, mit Biedermeiermöbel ausgestattete Sakristei, ferner die Abendmahls-, Tauf- und Altargeräte samt den Stik- kereien an Altar- und Kanzelpult (Goldstickerei und Knüpfarbeit), sämt­lich aus dem Berliner Kunstgewerbemuseum. Die Glasmalereien, Skulp­turen und Inneubemalung konnten keinen Beifall finden; in solchen Arbeiten ist den Norddeutschen Süddeutschland nun einmal voraus. Plump und grob, geschmacklos und grotesk, das waren die Zensuren, die von den Beschauern erteilt wurden. Schön wurden die Farbentöne des Bildes gefunden, welches den Hintergrund des Kanzelaltars ausfüllt. Dem Altar gegenüber befindet sich die Orgelempore, auf der außer dem Chor, dessen Plätze durch eine Rampe abgesondert sind, etwa 60 Personen Platz haben. Von den Emporen führen 3 Treppen unmittelbar ins Freie, deren Aufgänge architektonisch sehr schön sind. Vom Hauptraume vermitteln diesen Weg 5 Ein- und Ausgänge, die gegen Zugluft mit Vor­räumen versehen sind. Am Haupteingang befindet sich eine schöne, große Halle mit Seitenbänken als Warteraum für Hochzeiten und Taufen. Der Organist, Herr Lehrer Max Geselle, der als hervorragender Orgel­spieler und Chorleiter, aber auch als Komponist einen Namen hat, war so liebenswürdig, die von Sauer & Sohn (Frankfurt) gebaute, herrliche Orgel mit 29 klingenden Stimmen vorzuspielen. Den Orgelumbau im