Oer Riitepfnhl.
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Diese führt vom östlichen Dorfausgang an der Kiesgrube vorüber bis zur Diepenseer Grenze und hört da als verlorener Weg plötzlich auf. Die ganze mit dem Namen „Tränkenberge“ bezeichnete Flur gehörte ursprünglich zu einer „Bauernwirtschaft“ und gelangte erst nach „Ausschlachtung“ dieses Bauerngutes (1877) in die Hände mehrerer Besitzer. Der Pfuhl verblieb beim alten Hofe, der sich jetzt in den Händen von Richard Lehmann befindet.
Seit man während der letzten Hälfte der siebziger Jahre im Dorfe zur ausschließlichen Stallfütterung übergegangen war, hatte der Pfuhl keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Schon in meiner Knaben- zeit war er teilweise zugewachsen. Immerhin enthielt er in den achtziger Jahren noch so viel Wasser, daß er Gelegenheit zum Baden bot. In trockenen Sommern versiegte allerdings das Wasser ganz, und so ist es verständlich, wenn auch nicht ganz berechtigt, daß sowohl auf dem Meßtischblatt 1:25000 [19013] wie auf der Karte der Geologischen Landesanstalt (Gradabteilung 45 No. 37 [1878] Blatt Lichten- rade) nur noch eine Vertiefung ohne Wasser und ohne Namen angegeben wird. Die geologische Karte zeigt, daß diese Vertiefung größtenteils durch Abschleminassen ausgefüllt ist, die von der höheren Umgebung durch den Ackerbau in die Tiefe gerieten oder durch Einwirkung von Wind und Regen hineingeweht und hineingespült wurden. Heute ist der Zugang zum Pfuhl größtenteils unterm Pfluge. Im Jahre 1904 machte ich gelegentlich eines Besuches in der Heimat die Erfahrung, daß die Erinnerung an den „Rötepfuhl“ und seine Bedeutung schon im Erlöschen war. In einer und derselben Familie stellte ich fest, daß die Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre geborenen Kinder den Namen nie gehört hatten. Die zu Anfang der achtziger Jahre Geborenen erinnerten sich dunkel, daß ihnen der Name einmal genannt worden sei, wußten aber nicht mehr, was er bedeutet; sie waren auch nicht imstande anzugeben, wo der „Rötepfuhl“ zu finden wäre. Allen in den siebziger Jahren Geholfenen war, wie oben bemerkt, der Pfuhl und sein Name durchaus vertraut. Wir wußten auch durch Erzählungen der Älteren, daß früher in diesem Pfuhl Flachs gerötet . wurde. Das heutige Oberhaupt der ganzen Familie aber, der 1850 geborene Besitzer eines Ackerstückes auf den „Tränkenbergen“, ist in seiner Jugend noch dabei gewesen, als man im Rötepfuhl Flachs rötete. Solche Beobachtungen sind wohl ein überraschendes Zeugnis dafür, wie schnell Flurnamen dem Gedächtnis der Menschen, selbst dei Dorfbewohner, entschwinden und wie schnell das Verständnis für die Bedeutung eines solchen Namens verloren geht.
Diese Erkenntnis sichert aber dem ganzen Vorgänge ein wissenschaftliches Interesse. Im Laufe der Zeit habe ich feststellen