Heft 
(1916) 24
Seite
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Kleine Mitteilungen.

Jahrhunderts vorhanden, aber, wie Friedrich Nicolai in seiner Beschreibung Berlins berichtet, damals nur niedrig und schmal. Als i. J. 1730 die Petri­kirche samt dem Turm und einer großen Anzahl umstehender Jläuser ab­brannte, ward er mit ihrem Schutte erhöht und breiter gemacht und nachher mit Weiden bepflanzt, welche, da sie niemals gekappt wurden, zu einer außerordentlichen Höhe erwachsen sind.

Kin Teil dieses Dammes und zwar das Stück, das von der Mehlbrücke die sich am Kupfergraben beim heutigen Kaiser Friedrichsmuseum befand, bis zur Friedrichsbrücke unmittelbar am rechten Spreearm (nicht am Graben) lief, erhielt im Jahre 1839 nach dem bekannten städtischen Baurat den Namen Cantianstraße. Es war eine kleine Straße, die nicht mehr als acht GebUude- nummern aufwies. Davon wurden Nr. 1 und 3. niemals bebaut. Die meisten Häuser blieben im staatlichen Besitz. Eins, Nr. 8, gehörte dem Bäekergewerk und hieß im Volke das Mehlhaus. Es war im Jahre 1825, als die Straße also noch keinen besonderen Namen Führte, sondern ein Stück des Weiden­damms bildete, errichtet worden und diente der Innung zur Niederlage von Mehl und anderen Waren. Es befand sich in ihm ein geschmackvoller, von geselligen Vereinen oft benutzter Festsaal, dessen sich ältere Einwohner unserer Stadt erinnern werden als eines Ortes, an dem sie manche vergnügte Stunde verlebten. In den anderen Häusern wohnten meist hervorragende Leute, bekannte Vertreter von Kunst und Wissenschaft, wie Baurat Stüler, der Chemiker Prof, ltose, der Generaldirektor der Königlichen Museen v. Olfers, dessen Wohnung den Sammelplatz einer geistreich angeregten Gesellschaft bildete. Nr. 7 war im Besitz des Bildhauers Kiss, der auch hier seine Werkstätte hatte Dem Bau der Nationalgalerie, die 186776 errichtet wurde, fiel die Straße zum großen Teil, dem der Stadtbahn, der von 187482 währte, vollends zum Opfer. Einen Teil von ihr nimmt jetzt die Säulenhalle vor der Nationalgalerie ein, auf dem andern stehen Gebäude der Königlichen Museen oder werden eben errichtet.

Das kleine Gemälde eines unbekannten Künstlers, von dem wir wie auch von dem Ilintzeschen Aquarell eine Nachbildung folgen lassen, gibt nun einen Blick auf zwei Häuser der Cantianstraße wieder. Weiter sieht man die Friedrichsbrücke und die Börse. Da dieses Gebäude im Jahre 1864 fertig wurde, der Bau der Nationalgalerie, wie erwähnt, 1867 begann, wird das Bild 1865 entstanden sein.

Endlich legte der Vortragende zwei Aquarelle von Eduard Gärtner (18011877), dem bekannteren Zeitgenossen Hintzes, vor und erläuterte sie kurz. Sie stellen, bemerkte er, unsere in den Jahren 184446 nach Plänen Stülers erbaute Matthäikirche i. J. 1853 von der Nord- und Südseite dar, sowie Einzelheiten von der Nachbarschaft. Es sind feine, mit Liebe gemalte Blätter Bei der Gelegenheit darf ich an das Gottfried Kellersche, in Berlin entstandene GedichtDie Polkakirche erinnern, das von dem Gotteshaus eine recht boshafte Schilderung gibt. Von diesem Gedicht war im vierten Band dieser Zeitschrift S. 151 und 239 die Rede. Es wird dort die Frage nach der Entstehung des ScherznamensPolkakirche aufgeworfen und beantwortet. Ich möchte dieser Satire die beiden schönen Gedichte Kellers