Heft 
(2018) 25
Seite
129
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Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg 129 Für die Oberleitungen von Eisenbahnen gelten ge­sonderte Regelungen. Zwar muss der Neubau gemäß dem o.g.Paragraphen vogelsicher erfolgen,bestehen­de Trassen müssen jedoch nicht nachgerüstet wer­den, weshalb auf ungesicherten Bahnmasten noch immer Vögel Kurz- und Erdschlüsse auslösen. Zur effektiven Umsetzung, beispielsweise über bahnin­terne Regelwerke, gab es seit 2014 inzwischen sechs Fachgespräche zum Vogelschutz an Bahnoberleitun­gen. Das sechste dieser Expertentreffen zwischen DB-Vertretern, der NABU-Bundesarbeitsgruppe Stromtod und der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten fand am 10. April 2018 in Berlin statt. Zu den Inhalten zählten verschiedene Konst­ruktionsdetails, z. B. zur Stützerbauweise der Isolato­ren bei neu gebauten Masten, zu Masttrennschaltern an Mastköpfen und sog. Kleintierabweisern. Wäh­rend diverse frühere Abstimmungen bereits Eingang in Technische Mitteilungen der DB und über diesen Weg in DB-Richtlinien erhielten(wie die Verwen­dung längerer Isolatoren), gibt es zu einigen Details noch Klärungsbedarf. Erfreulich ist die Entwicklung der biologi­schen Vielfalt im NSGHavelländisches Luch. Die Vogelschutzwarte zieht hier an einem Strang mit dem Förderverein Großtrappenschutz e. V. Ein Teil der Flächen wird bereits seit dreißig Jahren ex­tensiv genutzt, und für einige Artengruppen gibt es auch entsprechend lange Datenreihen aus dem begleitenden Monitoring. Auf ehemaligen Saatgras­flächen wurden nach drei Jahrzehnten extensiver Nutzung ohne Düngung und Umbruch inzwischen wieder etwa 300 Arten von Farn- und Blütenpflan­zen nachgewiesen, und die Zunahme hält weiter an. Zahlreiche bedrohte Arten wie Großes Flohkraut, Salz-Hornklee, Färberscharte, Sumpf-Dreizack und als erste Orchideenart das Steifblättrige Knaben­kraut sind hier inzwischen wieder zuhause. Die Zunahme der Pflanzenarten sowie Veränderungen der Vegetationsstruktur, des Mikroklimas und die Verringerung der Nutzungshäufigkeit führen auch zu höheren Insektenmengen(Abb. 4) wie auch zur ständigen Erhöhung der Artenzahlen, einschließlich Rote-Liste-Arten, die wieder oder ganz neu auftreten und sich ausbreiten.Auch andere Artengruppen pro­fitieren von der Entwicklung, etwa die Kleinsäuger und die Herpetofauna. Deren Artenzahl hat sich von Null auf neun erhört, wenngleich Amphibien darun­ter leiden,dass es bisher nicht gelungen ist,die Land­wirte zu mehr Wasserrückhalt zu bewegen. Positive Entwicklungen zeigen sich auch auf den aus Acker­brachen hervorgegangenen neuen Grünlandflächen, die sich teils zu Magerweiden- und-wiesen oder Tro­ckenrasen entwickelt haben, sowie auf mehrjährigen Rotationsbrachen. Von den Maßnahmen zum Schutz der Großtrap­pe profitieren auch zahlreiche Vogelarten, darunter das in Brandenburg extrem selten gewordene Reb­huhn. Eine von Bärbel und Heinz Litzbarski bear­beitete Linienkartierungsfläche zeigt Wiesenpieper, Braunkehlchen und Grauammern in hohen Dich­ten, und die Feldlerche nimmt abweichend vom Landestrend enorm zu(Abb. 5). In den gezäunten Flächen, in denen Großtrappen vor Raubsäugern geschützt brüten können, weisen diverse brütende Agrarvogelarten besonders hohe Dichten auf, u. a. Grauammer, Braunkehlchen und Feldlerche, aber auch Wiesenweihen, Wachteln, Rebhühner und Wachtelkönig finden sich hier regelmäßig ein. Während die Großtrappe Otis tarda früher ein weit verbreiteter Vogel in den brandenburgischen Agrarlandschaften war, gibt es seit 2002 nur noch drei regelmäßig besetzte Gebiete. Umso wichtiger ist es, die Vögel dieser Gebiete als Metapopulation zu erhalten, d. h. auch künftig die Kommunikation und den genetischen Austausch zu gewährleisten. Unter den heutigen Bedingungen ist dies dreifach erschwert – durch die drastisch reduzierte Zahl an Einstandsgebieten, deren großen Abstand zueinan­der und zusätzlich anthropogene Hindernisse auf den Flugwegen, vor allem Freileitungen und Wind­parks. Um die Argumentation im Sinne der Freihal­tung regelmäßiger Flugwege zu stärken, wurde für den Zeitraum 2001 bis 2017 der Wechsel beringter Großtrappen zwischen den drei Schutzgebieten Bel­ziger Landschaftswiesen, Havelländisches Luch und Fiener Bruch dokumentiert und ausgewertet( E i ­senberg et al. im Druck). Die Daten basieren im We­sentlichen auf Beringung, Ringablesung, Einsatz von Wildkameras und Besenderung. Analysiert wurden auch alle verfügbaren Zufallsbeobachtungen abseits dieser drei Gebiete. Fast die Hälfte der Großtrappen wechselt im im­maturen Alter in eines der anderen Gebiete. Später, im reproduktionsfähigen Alter, wurden 18 % der noch lebenden Weibchen und 43 % der Männchen