Heft 
(1893) 2
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Über Fastnnehtsgebräuche unter Berücksichtigung der Provinz.

Über Fastnachtsgebräuche unter Berücksichtigung

der Provinz

von Dr. E. Gasner.

Meine hochverehrten Damen und Herren, wenn ieli es wage, von der hinter uns liegenden Fastnacht zu reden, so geschieht es nicht-, tun Ihnen eine möglichst detaillierte Schilderung der Maskeraden zu gehen, die ja auch hei uns dieser Zeit noch das eigentliche Gepräge auf­drücken; noch möchte ich Ihnen eine Aufzählung der nicht minder alten, aber volkstümlicheren Fastnachtsgebräuche auf nötigen, wie sie sich in unserer Mark erhalten haben. Ich liefe dabei doch nur Gefahr, den meisten der hochverehrten Anwesenden alte Bekannte vorzustellen. Viel­leicht gelingt es mir aber, Ihr Interesse zu fesseln, wenn ich versuche, über den Ursprung derselben einiges Licht zu verbreiten. Zwar auf absolute Gewissheiten wollen Sie sich nicht immer gefasst machen. Die Hypothese, die Annahme, der immer nur ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit inne wohnt, tritt häutig genug in ihr Recht, um zeitlich und örtlich Getrenntes systematisch zu verbinden; und gerade jetzt, wo die mythologische Forschung so sehr im Flusse ist, fehlt es nicht an Erklärungen, die von verschiedenen Gesichtspunkten aus unternommen sind, und die sich nicht stets kurzer Hand abweisen lassen.

Das Knochengerüst, an welches sich die Fastnachtsgebräuche an­setzen, welchen Ursprungs sie auch sein mögen, bilde naturgemäss die kirchliche Einrichtung der österlichen Fasten. Sie sind schon ein Be­standteil der frühchristlichen Kirche, alter erst im XI. .lahrhundert werden sie für die römisch-katholische Welt auf 40 läge gesetzmässig erweitert. Da nun des Sonntags nicht gefastet wurde, so begann man später bereits mit dem Mittwoch der voraufgehenden Woche, dem Aschermittwoch. Die Kirche ist von diesem Termin in der Folgezeit nicht wieder abgegangen, aber alle Rest** der alten Übung hat sie nicht ausmerzen können, so sollen auch in der Mark noch jetzt in einigen Orten am ersten Fastensonntage, dem früheren Ende des Faschings, Volksbelustigungen stattfinden.

Vor dem Eintritt der Fasten durchlebt die Welt noch einmal eine Zeit der ausgelassensten Freude, um sich, wie die hausbackene Philosophie weiss, für die mm folgende entbehrungsvolle Zeit zu entschädigen. Wenn eine solche Argumentation auch nicht ganz des Hintergrundes entbehrt, so wäre aber damit kaum der mehr als tausendjährige Bestand der Karnevalslust zu erklären, wenn nicht noch andere, zwingendere Gründe hinzukämen, die eine innere Notwendigkeit einschlössen.