Über Fastnnchtsgebräuche unter Berücksichtigung der Provinz.
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Es ist oft. ausgesprochen mul leidet auch keinen Zweifel, dass sich im Karneval Gewohnheiten antiker Feste erhielten, deren Grundzug die Freude über den wiederkehrenden Frühling und die damit erwachende Liebes- und Lebenslust ist, die den Menschen naturgemäss zu ausgelassenem Treiben zwingt. Es sind Feste, die sich selbst bei Christen hartnäckig bis ins V. Jahrhundert erhielten, so dass man wohl den grossen Gregor versteht, der den Kanon aufstellt, dass die heidnischen Feste allmälig in christliche umgewandelt werden müssten, indem man sie nachahme.
Zu den antiken Festen, denen die Umzüge, Vermummungen und Spöttereien unseres Karnevals entnommen sind, gehören zunächst die Saturnalien. Sie wurden im Dezember zu Ehren Saturns, des Einführers des Ackerbaus, gefeiert. Es war eine Zeit des allgemeinen Vergnügens, die Sklaven rückten in die Reihen der Freien, sie durften der Gebrechen ihrer Herren spotten und Vermummungen waren an der Tagesordnung. Dem Wald- und Feldgott Luperous oder Faunus galten die am 15. Februar gefeierten Luperealien. Nach dem Bocksopfer und dem Opfermahle liefen die 24 dabei Beteiligten, Luperci genannt, nur mit den Fellen der getöteten Tiere bekleidet, um die palatinische Altstadt und berührten mit Riemen aus einem Teil der zerschnittenen Felle die ihnen entgegenkommenden Frauen, denen dadurch gewünschter Ehesegen werden sollte, und die auch Reinigung und Fruchtbarkeit durch die Stadt selbst weitertragen sollten. Im April folgten die llilarien zu Ehren der mater deüm; das Bild der Göttin ward durch die Stadt geführt. und Mummereien fanden dabei statt. Die Liberalien waren den über pater, dem altitalischen Gotte, geweiht, sie hielten sich im Charakter der Bacchanalien, die aus Griechenland über Etrurien kommend sich eine zeitlang mit ihnen verbanden und zeitweilig zu den wildesten Orgien Anlass gaben. Im März oder April wurden sie gefeiert.
Um diese heidnischen Gebräuche mit der christlichen Fastnacht so leicht zu verbinden, kam hinzu, dass an den Vorabenden der grossen Kirchenfeste, den Vigilien, beim nächtlichen Putzen des Altares und der Kirche selbst unter den Augen der Priester unzüchtige Tänze gehalten und Lieder gesungen wurden, so dass den Frauen 305 konzil- massig der Zutritt zu den Vigilien untersagt wurde.
Wenn es auf den ersten Blick verwunderlich erscheint, dass sich mit der Fastnacht Gewohnheiten alter Feste verbinden, die einer Zeit vom Dezember bis April angehörten, so muss man bedenken, dass die Freude vor den Fasten im tenninus a quo nicht festlag und auch nicht festgelegt wurde. Die Karnevalslust ist eigentlich nur ein Teil einer Vergnügungsreihe, die viel früher beginnt, und die nur in den letzten 8 oder 3 Tagen oder besonders am letzten Tag vor den Fasten einen Höhepunkt erhält. So beginnt beispielsweise der Mummenschanz