Heft 
(1893) 2
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Die Lutchen der Niederlausitz.

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entsprechen würde, wie sie denn in Deutschland auch die Kleinen genannt werden, ebenso wie bei anderen Völkern, z. B. den Serben des Balkan: maljenitlzu u. a. in. 1 ) Schliesslich erwähne ich, dass die Unter­irdischen, die Zwerge, bei den Lüneburger Wenden görzoni Messen, Bergmännlein, von gora Berg 3 ).

Es wirft sich die wissenschaftliche Frage auf: wer sind die Lutchen gewesen? Verschiedene Schriftsteller und auch Forscher haben diese Frage berührt, aber sie haben das Wesen der Lutchen meist nur ge­streift, nicht klargelegt. So nennt sie LiebuschMondwesen in seinem Buche Skythika 3 ), und andere anders. Dagegegen hat der treffliche Haupt 1 ) die Lutchen, wo er auf sie zu sprechen kommt., zutreffend beurteilt, freilich auch nicht im Zusammenhänge. Will man die Lutchen in ihrem Wesen verstehen, so muss man sie unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten auffassen.

Erstens nämlich hat man die Lutchen aufzufassen als Naturgeister und zwar als Erdgeister.

Der Glaube an die Geister in der Natur ist alt. Der Mensch der Vorzeit machte nach den Erfahrungen an sich selber, nach denen er sich als ein selbstbewusstes, seelisch oder geistig belebtes Wesen erkannte, Schlüsse auf die Natur um ihn herum und hielt diese ebenso für seelisch belebt. Auf dieser Vorstellung beruht zum Teil der Glaube an die Geister in der Natur. Soweit wir auch zurückgehen in der Geschichte der Entwicklung des menschlichen Geistes an der Hand der Über­lieferungen, wie sie sich niedergeschlagen haben in Sage und Märchen, in Sitte und Brauch, in Sprache und Anschauung der Völker, finden wir diesen Glauben in der gesamten Menschheit, und es stehen auf demselben Standpunkte noch zeitweilig in unsren Tagen Dichter und Künstler und andere tiefer und inniger empfindende Gemüter, denen ebenfalls die Natur und ganze Welt seelisch belebt erscheint. Wie so überall Geister in der Natur sind, so haben wir auch in der Nieder­lausitz, grade wie in der ganzen Mark Brandenburg, Erdgeister und Wassergeister, Luftgeister und Feuergeister, Waldgeister und Sumpf­geister, Feldgeister und Hausgeister. Die Erdgeister sind eben die Lutchen; alles weist auf diese ihre Natur hin. Ich beschränke mich darauf, zwei Haupteigenheiten hervorzuheben, die sie in dieser Hinsicht kennzeichnen. Nämlich erstens ihre Scheu vor gewissem Schall, und zweitens ihre Sprache.

Was ihre Scheu vor gewissem Schall anbetriftt, so ist ihnen diese gemeinsam mit anderen Geistern. Es ist bekannt genug aus dem

1) Grimm, Deutsche Mythologie. Berlin. 1875, 1876, 1878. HI. 126.

2) Grimm, I. 376.

3 ) Camenz. 1833. 8. 141.

4) Sagenbuch der Lausitz. Leipzig. 1862, 1863. I. II.