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Die Lutchen der Niederlausitz.
nach der Sage des Mittelalters dem Tannhäuser seine Schuld nicht vergehen vom Papste seiner Zeit, weil er nämlich Verkehr gehabt mit der zwar schönen, aber heidnischen Frau Holla im Hörselberge, Gott aber vergab ihm seine Sünde, wie der grünende Stecken bewies.
Drittens hat der Tote im Grabe keine Kühe, wenn an ihm eine Schuld begangen worden und diese nicht gesühnt wurde vor seinem Hinscheiden, z. B. wenn jemand gewaltsam erschlagen worden oder Verwandte dem Toten ihr Versprechen nicht halten.
ln allen diesen Fällen kommen die Toten wieder, um sich den Menschen zu beweisen, entweder um sie zu erschrecken, oder sie zu mahnen, oder Bevorstehendes zu verkünden. Ich selbst habe noch Beute im Spreewahl gesprochen, denen die Toten wieder erschienen sind und mit ihnen geredet haben, wie sie mir mitteilten im Vertrauen. Wenn die Toten so wiederkommen, so erscheinen sie entweder in menschlicher Gestalt, genau wie sie im Beben waren, oder in menschlicher Gestalt, doch mit feurigen Augen und feurigem Munde, oder als weisse Gestalten: oder in Tiergestalt, namentlich als Hund, auch als Hund mit feurigen Augen und feurigem Maul; oder rein unsichtbar, nur durch Poltern, Bärmen oder Stimmen bemerkbar. Eine besondere Form ist der Aufhocker. Der Tote als Aufhocker lauert irgendwo abends oder in der Nacht und springt dem Vorübergehenden auf die Schulter als eine Bast; die immer schwerer wird und den Menschen erst verlässt, wenn er die Schwelle des Hauses betritt, denn unter das geweihte Dach können nicht böse Geister. Im übrigen gilt: timt man den Geistern nichts, tlmn sie einem auch nichts. Bei dem Dorfe Müschen im Spreewald lag früher ein kleiner Berg, genannt Muschink, in dem die Entchen immer gewohnt haben. Dieser Muschink war aber auch ein sehr reichhaltiger und denkwürdiger heidnischer Friedhof. Als ich das Grabgefässe herausnahm Ende der 70er Jahre, sagten die Beute auch: „Jetzt werden die Toten kommen und scheuchen,“ sie selbst, aber hatten schon seit Jahren, freilich unbewusst, mit den Totenurnen und dem Gebeine der Toten die Wagengeleise ausgefüllt.
Hierher gehört auch, was ich von gewissen Erdbauten der Entchen berichtete. Bei den Wohnungen der Entchen hat man zu unterscheiden erstens Wohnungen der loten, zweitens der Bebenden und drittens der Erdgeister. Es ist klar, dass es sich bei solchen grossartiger eingerichteten Eutchenbauten mit Gang und Kammer um vorgeschichtliche Gräber handelt. Denn wie die Bebenden ihre Wohnungen, so haben sie auch die loten. Es sind zwar meines Wissens solche Gräber wie „Backofen“ in der Niederlausitz nicht mehr zur wissenschaftlichen Untersuchung gekommen, doch müssen solche, vielleicht nur vereinzelt, einst gewesen sein nach den Berichten des Volkes, waren dann auch eher