Heft 
(1893) 2
Seite
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Die geologische Wand im Humboldthain zu Berlin.

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Die erste Aufgabe war daher die, geeignetes Material zu be­schaffen. Fernab vom Gebirge lag der Gedanke nahe, soweit es möglich war, Adressen zu ermitteln und schriftlich mit Steinbruchsbesitzern in VeVbindung zu treten. Dieser Weg führte zu einem guten Resultat. So wurden erworben Kalksteine und Dolomite aus Oberschlesien durch die Firma Cäsar W oll heim, Dachschiefer von Lehesten durch die Gross­herzoglich Meiningische Verwaltung, ein Stück Kupferschiefer mit Dach und Sohle von der Mansfelder Knpferschieferbauenden Gewerkschaft, ein Porphyrblock von Löbejün durch Herrn Fiedler, llundisburger Grauwacken von Herrn von Nathusius und Herrn C. Hohenstein, ein Stück Porphyrtuff von Herrn Peschke aus Kammer­berg bei Ilmenau und Granit von Weissenstadt von Herrn Ackermann.

Allen denen, welche durch ihre thatkräftige Hülfe die Sache ge­fördert haben, sei hierdurch der pflichtschuldige Dank erstattet. Für viele charakteristische Gesteinsarten war es aber nicht möglich, Adressen zu erhalten, weil die Steinbruchsbetriebe nicht bekannt genug sind, da sie nur Material für eint! örtliche Verwendung liefern. Deshalb erhielt ich von der Städtischen Park- und Gartendeputation den Auftrag, das fehlende Material an Ort und Stelle zu besorgen. Nachdem ich mir mit Hülfe der geologischen Karten eine, passende Stelle ausgesucht hatte, machte ich mich am 2. Plingstfeiertago auf den Weg. Das Endziel der Tour war Nossen, ein Städtchen an der Freiberger Mulde im König­reich Sachsen. Nach der Fahrt durch die Sandflächen und die Kiefern­wälder der Mark und der Oberlausitz tritt hinter der Grenze allmählich besserer Hoden auf, aber erst jenseits der Elbe wird das Gelände mit jeder Station anmutiger. Reizende Thäler, oft tief eingeschnitten, mit saftigem Grün und flache Gehänge mit sauberen Gehöften, stattliche Ortschaften hoch auf dem Bergrücken oder tief im Thale boten unter der leuchtenden Maisonne immer neue, wunderschöne Bilder. Nach einer Fahrt von früh 8 bis Nachmittag 1/2 3 Uhr traf ich in Nossen ein. Hier trat mir nun wieder mein Auftrag vor die Seele. Die Karte in der Hand sass ich im Gasthofszimmer und überlegte die ersten Schritte. Die Karte sah bunt aus, deshalb hatte ich sie gewählt, und Steinbrüche waren in Menge eingezeichnet. Aber der Wirt konnte keine Auskunft über die Besitzer geben, da die Brüche alle nur klein sind und nur gelegent­lich zur Beschaffung von Strassenschotter benutzt werden. Allmählich aber und im Laufe des Gespräches war ihm wohl der Zweck meiner Reise klar geworden und ihm kam ein rettender Gedanke. Er teilte mir mit, dass in Nossen am Königlichen Lehrer-Seminar ein Oberlehrer thätig sei, welcher grosses Interesse für die Gesteine der Gegend habe, und er riet mir, den Herrn aufznsuchen. Natürlich zögerte ich nicht und ein Paar Minuten später hatte ich in Herrn Oberlehrer Richter den kenntnisreichsten und aufopferndsten Helfer in meiner Angelegenheit