86
Dorf Honow und die grosse Schildkröte.
lieberlegtman,wie garnicht so selten ähnliche zoologische Seltenheiten in anderen nord- und süddeutschen Kirchen gefunden werden, z. II. der „Lindwurmknochen“ in der kleinen Kapelle, die vor dem Landsberger Thore zu Strausberg,*) die Walfischknochen in der Heiligen Hlutskirche zu Wilsnack, das Walfisehschultorblatt in .Jerichow, das W altischsclmlter- blatt in der Kirche zu W erben (beide als Hiesengebeine geltend),**) das Straussenei im Hathaus zu Spandau u. dgl., und erwägt man, dass vor der Anlegung öffentlicher Sammlungen die Kirchen und Hathäuser als Karitatenkabinets galten,***) so kann man sich vorstellen, dass irgend ein Hönower, der vielleicht zur See die grösst; Schildkröte erbeutete oder deren eine Schale anderweitig erwarb, sie als Seltenheit, mitbrachte und in seiner Heimatkirche auf hing. Nicht selten haben dgl. Stiftungen auch den Charakter von Dankgelübden und Votiven für Kettung aus Gefahren. Auch aus diesem Anlass kann ein in Seenot gewesener Hönower Schiffer oder Keisender das ansehnliche Seetier in seinem vaterländischen Gotteshause zum ewigem Gedächtnis und in dankbarer Gesinnung aufgehängt haben. f)
Mitunter — im allgemeinen aber selten — gelten die Kirchenbücher über dergl. Widmungen Auskunft. Leider sind diese urkundlichen Zeugnisse in unserer Mark meist während der schweren Not des dreissig- jährigen Krieges zu Grunde gegangen. So ist anscheinend auch über die Zeit, wann die Schildkröten-Schale in der Hönower Kirche aufgehängt worden, keine schriftliche Überlieferung mehr vorhanden.
An der südwestlichen Ecke ries hausteinernen Kirchbaus ist in Mannshöhe ein dunkler, anscheinend dioritischer Stein eingelassen, auf welchem nach dem beifolgenden Schema ein gedoppeltes griechisches Kreuz seicht vertieft und schraffiert ein- gemeisselt ist. Über die Bedeutung dieses umständlich und offenbar nicht willkürlich hergestellten Zeichens, welches im weiteren Sinne unter die Kirchenmarken zu rechnen sein dürfte, haben wir nichts in Erfahrung gebracht.
Die Kirche liegt nebst dem sie umgebenden Kirchhof hoch und für die Zeit ihres Entstehens wehrhaft und verteidigungsfähig über dein Haussee, der sich wurmartig zwischen Höhenzügen erstreckt, welche aus oberm diluvial Sandmergel bestehen, der ungeschichtet ist und als Grundmoräno der Vergletscherung, der Einschnitt des Sees und der
*) Kuhn a. a. O. S. 189.
**) Kuhn a. a. O, S. 54.
***) Das gilt u. A. vom Artushof in Danzig und von den Rathäusern zu Lübeck und Bremen in gewissem Sinne noch jetzt.
f) Ähnliche Stiftungen pflegten Soldaten, die grosser Kampfesgefahr entgangen, in Kirchen mit Waffenstücken, aus muhamedanischer Sklaverei befreite Personen mit ihren Sklavenketten etc. zu machen.