Heft 
(1893) 2
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Bericht über die 7. (2. öffentl.) Sitzung des II. Vereinsjahres.

wohl anmarkenswürdig sein, dass, da sonsten in der gegend keine sonderliche Steine anzutreffen, diese sehr grosse dennoch auf solche höhe, sich finden lassen. Der kleinere davon ist im perpendicul 22 fuss hoch, und begreift in dem umfange 82 fuss. Der grösseste, welcher auf der IV. Tab. N. VIII. abgezeichnet stehet, ist 23 fuss hoch, und hält in dem umfang 95 fuss, A ist die Seite von morgen gegen mitternacht; B die Seite gegen mittag; C die Seite von abend gegen mitternacht. Es sein auch an demselben einige eingehauene Zeichen, und ebenfalls kleinere Steine darneben gesetzet, wobei es an allerhand erzehlungen des gemeinen Mannes nicht fehlet, die man aber billig*) übergehet.

Die eingehauenen Zeichen ebenso wie die um die Steine gestellten kleinen Blöcke weisen darauf, dass diese beiden grossartigen Wahr­zeichen der geologischen Umwälzungen unserer Heimat einst in heid­nischer Zeit verehrt wurden oder dass man bei ihnen die Götter ver­ehrte. ln der That mag in unserer nächsten Umgegend kaum eine Stelle gefunden werden, wo der Wald, die Felsen und die Fernblicke auf das sinnige und naturfrohe Gemüt unserer semnonischen Altvordern ergrei­fender einwirken konnten als gerade hier.Die Götter in Tempelwände einzuschliessen oder der Menschengestillt irgend ähnlich zu bilden, das, meinen sie, sei unverträglich mit der Grösse des Himmlischen. Wälder und Haine weihen sie ihnen, und mit dem Namen der Götter bezeichnen sie jenes Geheimnis, das sie nur im Glauben schauen. (Tacitus, Germania 9 u. 39.)

Jetzt ist vom grossen Block die Seite, an welcher die haupt­sächlichsten Zeichen waren, ebenso der Steinkranz verschwunden. Der kleine Block zeigt viele eingemeisselte Zeichen, meist allerdings auf die Zeit bezüglich, als die Arbeiter des Baurats Ernst Cantian hier die Vorarbeiten für die Anfertigung der grossen Schale machten i. J. 1827 28.

Von diesen durch Menschenhand bewirkten Zeichen wenden wir uns zum Schluss den eigentümlichen natürlichen Zeichen zu, auf welche ich mir in Gemeinschaft mit Professor Arthur Krause bereits am 3. d. Mts. aufmerksam zu machen erlaubte. Es sind das die seichten Auskehlungen, welche den kleinen .Markgrafenstein an der Windseite wie ein etwa 1 m breiter Gürtel, beginnend 1 3 m über dem Boden, einfassen.

Ich nehme an, dass die grossen Blöcke Uberlebsel der ersten (grössten) Vergletscherung sind und dass sie während der Interglazialzeit, als auch bei uns ein rauhes Steppen­klima herrschte, viele Jahrhunderte hindurch dem Wehen des

*) Bedauerlicher Weise! Das Studium des folk-love war damals von den gelehrten Pedanten als unwissenschaftlich verpönt. Vergl. die von mir bereits Seite 122 des Monatsblatt gegebene Abbildung Bekmann's, bei der ich den Krosionsgürtel hervor­gehoben habe.