Heft 
(1893) 2
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Bericht über die 9. (2. Arbeits-'Sitzung des II. Vereinsjahres.

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Hünenbetten oder Dolmen gehören der neolithischen Periode (der jüngeren Steinzeit), zum Teil vielleicht auch noch der ältesten Bronze- Periode an, in welcher von der damaligen, wahrscheinlich vorgermanischen Bevölkerung die Leichname noch nicht verbrannt, sondern hauptsächlich in ausgesehaufelten Gruben, unter Beisetzung von kleineren, meist mit dem sogenannten Schnurornament versehenen Thongefässen und von Steingeräten, bestattet wurde. Die Seltenheit dieser Dolmen lässt darauf schliessen, dass solche riesigen Gräberbauten nur für hervorragende Personen, Häuptlinge oder Helden, gleichsam als Denkmäler, errichtet wurden, wie man in unserer Zeit Mausoleen anlegt.

Die Annahme des seligen Inspector Bauer, dass es sich um ein Wendengrab handele und was er sonst daran knüpft, entspricht zwar den Kenntnissen jener Zeit, wie sie uns schon von Thurneisser her und von Bekmann überliefert sind; die neuere Forschung giebt indess die von mir angegebene Erklärung, nach welcher das Grab über 3000 Jahre alt ist und mit den, erst seit 1500 Jahren hier eingedrungenen Wenden, welche übrigens ihre Toten nicht verbrannten, sondern bestatteten, nichts gemein hat.

Stadtrat Friedei bemerkt hierzu: Ich teile die Wichtigkeit der von Herrn Buchholz mit Glück wiederausgegrabenen alten Nachricht vollkommen. So verworren die Nachricht des guten Bauer sein mag, der Wodan und die Walhalla mit den Wilzen und Wenden harmlos ver­mengt, so deutlich und dankenswert ist seine Beschreibung, die deutlich ein megalithisches Grab, wahrscheinlich noch der vormetallischen Zeit angehörig, zweifellos erkennen lässt.

Grosses Aufsehen erregte im Jahre 1872 die Auffindung eines ge­waltigen Steinkammergrab bei Tempelberg nahe dem Städtchen Müncheberg, Kreis Frankfurt-Lebus, durch Steinsucher. Nach dem sorgfältigen Bericht der Herren Ahrendts und Reichert, Verh. der Berl. Ges. für Anthropologie, 1872, S. 212 ff., war die ziemlich versteckt im flachen Waldboden belegene Kammer 15 Fuss lang, westlich 4, östlich 5 Fuss breit, aus in den Boden gesteckten rohen Steinplatten und gewaltigen Decksteinen bis 7 Fuss Länge, 4 Fuss 9 Zoll Breite und 2 1 A> Fuss Ricke erbaut. Die lichte Höhe des Innern betrug 4 1 2 Fuss. Die Ver­hältnisse sind also hier bedeutender als die des Löwenbrucher Dolmen. Es waren bei Tempelberg mehrere Menschen in hockend-sitzender Stelle beerdigt. Die Rasse ist eine langschädelige, an die alten Germanen und Kelten erinnernd. Das Tempelberger Steinkammergrab ist leider schon gestört gewesen, Urnen zeigten sich nicht, ermittelt wurde darin nur ein Wildschweinszahn und ein viel gebrauchter Schleifstein aus grobem, festem Sandstein, wie dergleichen in steinzeitlichen Gräbern mitunter gefunden wird.

Rudolf Virchow hob die grosse Bedeutung dieses Fundes hervor,