170 Ch. C. Sprengels botanische Entdeckungen in der heimatlichen Pflanzenwelt.
Im Jahre 1793 erschien sodann hier in Berlin Christian Konrad Sprengels merkwürdiges Buch mit dem merkwürdigen Titel: Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und der Befruchtung der Blumen. In diesem Buche wurde zum ersten Male an einer sehr grossen Zahl von Beispielen gezeigt, in welcher Weise der Blütenstaub auf die Narbe, gelangt und welche Rolle dabei den Blumenblättern und Honigdrüsen zufällt.
Endlich ist hier in Berlin im Jahre 1855 durch Pringsheim zum ersten Male der Befruchtungsvorgang einer blütenlosen Pflanze direkt und vollständig beobachtet worden und dadurch das Dunkel gelichtet, das diese Prozesse bis dahin der wissenschaftlichen Erkenntnis unzugänglich machte.
Die ganz besonders grossen Verdienste, die sich die Botaniker Berlins um diesen Zweig der Naturwissenschaft- erworben haben, recht- fertigen wohl das Unternehmen die Ergebnisse dieser Forschungen diesem Kreise mitzuteilen, umsomehr als jetzt ein Jahrhundert verflossen Ist, seit hier in Berlin Sprengels bahnbrechendes Werk erschienen ist.
Mit Recht bezeiehnete Sprengel für seine Zeit den Bau der Blüten als ein Geheimnis. Wohl hatte bereits im Jahre 1691 der in Tübingen lebende Professor Camerarius die ersten Grundlagen gelegt zu einem Verständnisse der Verrichtung von Staubgefässen und Griffeln, den wesentlichen Teilen der Blüte. Wohl war die. Theorie des Camerarius durch Gleditsch und Koelreuter auf experimentellem Wege als richtig bestätigt worden und Koelreuter hatte bereits gezeigt, dass vielfach durch Insekten der Blutenstaub übertragen wird, doch hielt man noch immer an der alten unrichtigen Vorstellung fest, dass bei den meisten Pflanzen der Blütenstaub durch den Wind oder durch blosses Verstäuben auf die Narbe gebracht wird. Erst durch Sprengel wurde erkannt, eine wie ausserordentlich grosse Wirksamkeit die Insekten für die weitaus grösste Mehrzahl der Blutenpflanzen haben; erst durch Sprengel wurde es klar ausgesprochen, dass Grösse, Gestalt und Farbe der Blumenblätter, dass Anordnung und gegenseitige Stellung der einzelnen Blütenorgane, dass Duft und Nektarabsonderung eine bestimmte Bedeutung für »las Leben der Pflanzen hätten und im engsten Zusammenhänge mit dem Vorgänge der Blütenstaubübertragung stehen. Er ist es gewesen, der zuerst eine vollkommen umfassende Theorie der gesamten BUiten- cinrichtungen suchte, und diese vor ihm noch nie gestellte Aufgabe mit geradezu erstaunlicher Meisterschaft löste.
Die unscheinbaren Härchen, mit welchen der unterste Teil der Blumenblätter des Waldstorchschnabels (Geranium silvaticum) besetzt sind und unter welchen Honigtröpfchen versteckt liegen, führten Sprengel im Jahre 1787 zu der Entdeckung, dass die meisten Blumen, welche Nektar enthalten, so eingerichtet sind, dass zwar Insekten sehr leicht