Ch. C. Sprengel» botanische Entdeckungen in der heimatlichen Pflanzenwelt. 171
zu demselben gelangen können, der Regen aber ihn nicht verderben kann. Er schloss daraus, „dass der Saft dieser Blumen zunächst um der Insekten willen abgesondert werde, und damit sie denselben rein und unverdorben gemessen können, gegen den Regen gesichert sei.“ Von dieser Vorstellung ausgehend dachte er im nächsten Sommer über die Bedeutung des gelben Ringes nach, der beim Vergissmeinnicht (Myosotis palustris) die Öffnung der Blumenkronröhre umgiebt und gegen die himmelblaue Farbe des Kronensaumes so schön absticht. Er kam auf die Vermutung, dass die besondere Färbung wohl dazu dienen möchte, den Insekten den Weg zum Safthalter zu zeigen. In der That ergab die Betrachtung anderer Blumen, dass besondere Flecken, Linien und Figuren der Blumenkrone immer am Eingänge zum Safthalter sich befinden oder nach demselben hin zusammenlaufen und somit der vermuteten Erklärung sehr wohl entsprechen. Die Bestätigung dieser Erklärung durch die Beobachtung konnte aber für Sprengel kaum einen Zweifel übrig lassen, dass ebenso wie die besondere Färbung eines Teiles dazu diene, dem bereits auf der Blume befindlichen Insekt den Weg zum Safte zu zeigen, so die bunte Farbe der ganzen Blume dazu diene, dieselbe den ihrer Nahrung wegen in der Luft umherschwärmenden Insekten als ein Saftbehältnis schon von weitem bemerkbar zu machen.
Wenn bis dahin Sprengel die Blumen nur als zum Nutzen der Insekten eingerichtet betrachtet hatte, so führte ihn im Sommer 1789 die Betrachtung einiger Schwertlilienarten (Iris) zu der weiteren Entdeckung, dass viele Blumen schlechterdings nicht anders befruchtet werden können, als durch Insekten. Er gelangte damit zu dem Schlüsse, dass die Absonderung von Honig in den Blumen und die Verwahrung desselben gegen Regen, dass ebenso auch die Farben der ganzen Blumenkronen und besonderer Teile derselben nicht nur für die Insekten, sondern auch für die Blumen selbst nützliche Einrichtungen sind, indem sie die Befruchtung der Blumen durch die besuchenden Insekten veranlassen. Hiermit waren die Grundsätze einer Theorie der honigführenden Blumen gewonnen, die Sprengel selbst in folgenden Worten ausspricht:
1. Diese Blumen sollen durch diese oder jene Art von Insekten oder durch mehrere Arten derselben befruchtet werden.
2. Dieses soll also geschehen, dass die Insekten, indem sie dem Safte der Blumen nachgehen, mit ihrem meist haarigen Körper den Staub der Staubbeutel abstreifen und ihn auf die Narbe bringen.
Die genaue Untersuchung mehrerer hundert Arten von zum Teil einheimischen, zum Teil in Gärten gezogenen Pflanzenarten zeigte ihm, dass bß i den für Insektenbesuch eingerichteten Blumen sich regelmässig fünf Einrichtungen finden:
1. eine Saftdrüse, d. h. einen Teil, der den Saft bereitet und ab- s ondert; 2. einen Safthalter, d. h. einen Teil, der den von der Saftdrüse