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Ein kleiner Berliner Friedhof a. D.
lebhaft und wohl nicht ohne Grund an den monumentalen Grottentunnel der Rüdersdorfer Kalkberge mahnend.
Fräulein Helene v. Pape ist die Letzbegrabene geblieben; ihr Todesjahr ist 1869. Wie verlautet, sollen Pietät und Einfluss eines noch lebenden, rühmlich bekannten Generals es gewesen sein, die den vor Kurzem erst angeregten Verkauf der Kirchhofsparzelle an den Kisenbahntiskus, dem die Kirchenbehörde sonst wohl zugestimmt hätte, verhindert haben, da Mutter und Schwester ihm hier beerdigt liegen. Wie lange deinungeachtet die Stittte in ihrer gegenwärtigen Gestalt zu erhalten sein werde, muss dahingestellt bleiben.
Nennenswert ist noch das Grab des Kultusministers Eichhorn, illiberalen Andenkens (f 1856); ferner sind es die Ruhestätten der Familien Lippold, v. Decker und Carsten, letztere durch ein hervorragend reichomamentiertos Monument vertreten. Auch der exotische Anflug fehlt nicht ganz; ihn re präsentiert vorvvaltend das russische Element, aus dem, als hier bestattet, eine Gräfin Schuwaloff und der Naturforscher Eversman (f 1837) nebst Tochter erwähnt seien.
So zweckmässig und schön nun auch, wenn die Mauern fielen, dieser akazienbeschattete Gartenwinkel sich dem grösseren Platze vor der Treppen flucht des Potsdamer Hahnhofes als eine kleine Promenade einfügen würde, so steht dem doch zweierlei im Wege: zuerst die Schwierigkeit der Entfernung von in ihrer Eigenschaft als Erbbegräbnisse auf lange hinaus geschützten Gräbern; dann, wollte man diese auch pietätsvoll an ihrer Stelle erhalten, die Beschaffenheit der vorhandenen Denkmäler. Der Mode des Zeitalters entsprechend, bestehen dieselben nämlich fast ausschliesslich aus Gusseisen, in dem Stile etwa, welchen das Gedenk mal der Königin Luise zu Gransee zeigt. Leider befinden sie sich, des Schutzes eines von Zeit zu Zeit zu erneuernden Anstrichs seit lange entbehrend, in einem wahrhaft kläglichen Zustande. Nur allzusehr erinnert ihr Anblick an jenen Bibelvers, der von Schätzen spricht, welche die Motten und der Rost fressen, so stark hat die Oxydirung des Metalls, als unschöne Patina auftretend, ihre Oberfläche überzogen und entstellt. Dankbar lassen sie uns erkennen, in wie erfreulicher und erwünschter Weise für unsere Friedhöfe die Eisenzeit einer weit schöneren und stilvolleren Marmor-Epoche gewichen ist.
Unter all diesen Eisenkreuzen, von welchen nicht wenige kunstvolle Arbeit zeigen und sich als Produkte unserer grossen königlichen Eisen giesserei vorteilhaft darstellen, stechen durch geschmackvolle Einfachheit wie durch gute Erhaltung zwei aus Sandstein geformte niedere Stelen hervor, unstreitig einer etwas früheren Zeit angehörig. Die eine derselben deckt eine Frau Wendland, die andere mag uns etwas näher beschäftigen, weil sie in anmutender Weise den Zauber des Geheimnisvollen in die Stille dieses Kirchhofes hineinträgt. Man liest auf ihr in französischer Sprache eine mysteriöse Inschrift, hinter welcher sich eine gewiss interessante, vielleicht tragische Episode verbergen will. Das vom Jahre 1822 datierende Epitaph lautet mit ungewohnter Verheimlichung von Namen und näherem Geburtsort, bei Angabe blosser Initialen: